Samstag, 17. Juli 2010

Torstens Genusskommentar: Rodez - Revel





Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen.

Weintechnisch gesehen sind wir heute in den Anbaugebieten Südwestfrankreichs. Die Languedoc-Weine müssen in diesem Jahr leider zu bleiben – oder man degustiert sie, weil man diese hier zu schwer irgendwo bekommt… 
Nennenswerte Rebgärten dürften die Profis aber heute nicht unmittelbar an der Strecke haben, vielleicht noch den einen oder anderen Rebstock, dessen Trauben zu Vin de Pays verarbeitet wird. 
Wenige Kilometer nördlich des Startortes Rodez befindet sich die kleine AOC Marcillac, deren Weine in Deutschland schwer zu finden sein dürften – Jacques Weindepot hatte mal vor Jahren einen von der Kooperative Les Vignerons de Vallon im Angebot. In den Supermärkten in Rodez und Umgebung bekommt man aber auch die Weine der kleinen Erzeuger in den Abteilungen für regionale Spezialitäten. Die Weine sind durch einen starken Anteil der lokalen autochthonen Rebsorte Fer-Servadou gekennzeichnet. Ich hatte sie so beschrieben: Kirschen und Himbeeren mit einem großen Anteil rostiger Nägel…
Grade diese Unverwechselbarkeit der Gebiete in Südwestfrankreich, wo es fast überall noch regionale autochthone Sorten gibt, macht den Reiz dieser Weine aus, die oft zwar nicht wirklich groß werden, aber einzigartig sind.

Rodez ist mir als wunderschöne Altstadt auf einem Bergsporn in Erinnerung geblieben. Es lohnt sich, das Auto unten stehen zu lassen und zu Fuß die Altstadt und ihre bezaubernde Kathedrale zu „erobern“. Auch wenn ich von der A75 über die Stadtumgehung von Rodez und weiter Richtung Albi fahre, um in Richtung Pyrenäen zu kommen oder auch umgekehrt – ein Blick winkt immer wieder dort hoch und wenigstens einmal sollte der Durchreisende dort anhalten. Die heutige Strecke bin ich übrigens überwiegend einmal genauso gefahren, allerdings per Auto als ich einmal zwischen Weihnachten und den Heiligen Drei Königen eine mehr kulturell orientierte Tour machte. Der Grund für das Fahren auf den allerdings sehr malerischen kleinen Straßen hier hieß Ambialet, ein malerisches altes Dorf auf einem Felsen hoch über einer Flussschleife des Tarn. Es ist eines dieser Künstlerorte, welches außerhalb jeglicher Saison seinen besonderen Charme des Alten entwickeln kann, wenn nicht lauthals Besucher und Künstler über die Preise ihrer Kunstwerke feilschen. Und wo man froh ist, wenn man wenigstens in einer Bar noch einen Café bekommt…
 
Und dann sind wir schon bald im Land der Bastiden mit ihrem klar gegliedertem Siedlungsaufbau mit winkligen Straßen, Kirch- und Marktplatz. Oft mit erhaltenen Befestigungsresten aus der Zeit des 100 jährigen Krieges zwischen Frankreich und England, meist mit sehenswerten alten Kirchen, schönen Straßenzügen mit alten Häuserfassaden und oft mit erhaltenen Markthallen.
Realmont, Lautrec, Puylaurens, Caraman und Revel habe ich mir während jener Kulturtour bzw. während mancher Fahrt in Richtung Pyrenäen bereits angesehen und kann ich dem Kultur- und Geschichtsinteressierten zur Nachahmung empfehlen.

Nicht weit von der Strecke zwischen Ambialet und Realmont finden wir die sehr abwechslungsreichen Weine der AOC Gaillac, das ebenfalls zu den Anbaugebieten Südwestfrankreichs zählt. Auch hier gibt es neben den bekannten Sorten jede Menge autochthoner Reben, die den Reiz der Weine ausmachen. Der Sortenspiegel umfasst Mauzac, Len de ´ El, Ondenc, Sauvignon Blanc und Muscadelle bei den Weißen und Duras, Braucol (= Fer Servadou), Syrah, Gamay, Negrette, Cabernet Sauvignon und Merlot bei den roten. 
Es gibt alles – trockene Weiße, Rosés, Rote, liebliche und edelsüße, perlende wie stille. Die meisten Weine gibt es ab den sehr gastfreundlichen Winzern zum Schnäppchenpreis. In Deutschland hingegen sind die Weine weitaus schwieriger zu finden als die Weine des Madiran und des Cahors, mit dessen Bekanntheitsgrad und dessen Größe sie es aufnehmen, auch wenn sie vom Charakter her gänzlich anders sind. 
Meinen Wein zur Etappe habe ich irgendwo in einem der gut sortierten französischen Supermärkte mitgenommen. Aus dem vielfältigen Angebot stach er für mich heraus, da er zwei Sterne und den Coup de Coeur im 2006er Guide Hachette bekam – und bei einem Preis von 4,10 € pro Flasche hatte er mich neugierig gemacht: 
  • Château Les Meritz; Cuvée Prestige; Gaillac; 2003 rot Offene, sehr frische Nase nach Sauerkirschen und etwas rauchigen Aromen, auch am Gaumen viele Kirschen dazu Kreide und ein samtenes Tannin. Mittlerer Körper und nur 12,5° Alkohol machen ihn zu einem sehr frischen und durstlöschenden Wein, der für den Hitzejahrgang überraschend kühl daherkommt. Harmonisch und angenehm am Gaumen. Sehr gute 89/100 Th. und ein tolles PGV. 
Der Wein zeigt einmal mehr, dass man in Frankreich auch für unter 5 € bereits sehr gute und empfehlenswerte Weine bekommen kann, man muss sich ihnen nur öffnen. Das gilt grade für die Regionen, für die man noch keinen Nobelbonus für den AOC Namen mitbezahlen muss. In dieser Hinsicht mag ich auch grade die vielen kleinen und hierzulande noch fast unbekannten Anbaugebiete Südwestfrankreichs.

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