Sonntag, 20. Juli 2014

10. Depesche: Von den Alpen durch die Provence


Endlich! Die Tour 2014 ist ja eher eine Rundfahrt des Nordens und Ostens, trotzdem gibt es heute nach dem kurzen Trip in die Alpen eine richtige Südetappe quer durch die Provence, eine sehr lange dazu. 222 Kilometer wird heute durch wunderschöne Landschaften geradelt, jede Menge Reben müßten zu sehen sein. Es wird heiß, Gegenwind wird erwartet - dafür geht es wenigstens tendenziell bergab, wie ein Blick auf das Etappenprofil zeigt.



Es geht los noch oben im alpinen Bereich. In Tallard, kurz hinter dem Lac des Serre Poncon wird gestartet. Der Stausee spielt neben seiner Bedeutung für Wasserwirtschaft und Stromerzeugung eine wichtige Rolle beim Wassersport. Man kann herrlich drin baden, Boot fahren oder surfen. An den Ufern haben sich allerlei Tourismusangebote angesiedelt (klick)



Die Tour folgt hier der N85,  der berühmten Route Napoleon, die von Cannes am Mittelmeer bis nach Grenoble führt. Der Korse nutzte die Marschroute, als er, von Elba kommend, am 1. März 1815 mit 1200 Mann an der französischen Küste landete und über Grasse, Digne, Sisteron und Gap bis nach Grenoble 335 Kilometer in einem siebentägigen Gewaltmarsch zurücklegte. Am 20. März 1815 zog er schon wieder als Kaiser in den Tuilerienpalast ein. Allerdings nur für hundert Tage, danach kam Waterloo. Die Geschichte endete bekanntlich auf St. Helena im Südatlantik.


Die N 85 ist eine wirkliche Traumstraße und für mich immer noch die schönste Art, ins Midi zu reisen. Hinter Grenoble geht es steil an, den Trubel des Tales läßt man unter und hinter sich und fährt im stetigen auf und ab Richtung Süden, sozusagen in Gegenrichtung zu Napoleons Troß. Zunächst ist alles noch sehr alpin, mit quellklaren Seen und spektakulären Blicken in die Seitentäler mit ihren schneebedeckten Gipfeln des Alpenhauptkamms. Doch schnell wird es flacher und wärmer, Architektur und Vegetation ändern sich und irgendwann taucht ein Straßenschild auf: "Alpes-de-Haute-Provence". Dann ist man schon kurz vor Sisteron, dem "Porte de la Provence" mit seinem spektakulären Felsdurchbruch der Durance. Von da sind es noch 180 Kilometer bis Nizza. Auf der Strecke liegen Lavendelfelder, Weinberge und einer der größten und tiefsten Schluchten Europas, der Grand Canyon du Verdon, 21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief. Allein das lohnt schon die Reise. Der Verdon fließt als grünes Band im Talgrund und mündet in den tükisfarbenen und erfrischenden Wassern des Lac de Sainte Croix.




1990: Frühstück auf der Route Napoleon

1996: Kurzer Halt mit dem roten Bochumer in Sisteron

Südlich Sisteron wird dann nach Westen abgebogen, schöne kleine Straßen durch das Pays de Forcalquier bis nach einiger Zeit südlich der Luberon grüßt. Im Jahre 2008 ging die Tour auf gleicher Strecke hier durch und ich habe in Robion, einem Dorf kurz vor Cavaillon, an der Straße gestanden. Die Begeisterung war riesig, als erst die Werbekarawane und dann das Fahrerfeld passierten.




Schließlich geht es Richtung Rhone, die Gegend zwischen Camargue und den Alpilles übt einen magischen Reiz aus. Es fehlt die Lieblichkeit der Cote d Ázur und der "grünen" Provence im Departement Var. Die Gegend ist nackter, die Sonne brennt stärker. Alles wirkt erdiger, direkter. Kein Zufall, daß Nostradamus seine prophetischen Poeme zwischen St. Remy (da geht es heute durch) und Salon verfasst hat.




Wein gibt es da überall, erwähnt sei hier ein besonderer Cru des Südens ganz in der Nähe der Strecke, ein unter Weinfreaks weltweit anerkannter Wein, für die Gegend untypisch, ein Solitär: Domaine de Trevallon aus Les Baux-de-Provence. Seit 1973 bereitet der aus dem Elsass stammende Eloi Dürrbach Weine, die unter speziellen mikroklimatischen Bedingungen am Nordrand der Alpilles wachsen. Den gab es im letzten Jahr zur 6. Etappe von Aix nach Montpellier (klick hier).

In Tarascon geht es dann über die Rhone, von da sind es nur noch wenige Kilmeter bis zum Etappenziel Nîmes, neben Arles, Orange eine der Kapitalen der römischen Provence mit gewaltigen und gut erhaltenen Bauwerken aus dieser frühen Blütezeit. Ein ganz erstaunliches steht etwas nördlich, der: Der Pont du Gard. Die Brücke ist 49 m hoch und umfasst drei Etagen, sie war Teil einer fast 50 km langen Wasserleitung, mit der Wasser von den Quellen nahe Uzès nach Nîmes transportiert wurde.

Das war uns 2005 Anlaß genug, auf diese meisterhafte Ingenieursleistung der alten Römer mit einer kleinen Verkostung in den Wassern des Gard anzustoßen.



Der Wein zur heutigen Etappe kommt natürlich auch von hier, in den Costieres de Nimes wachsen ausgezeichnte Rote mit sehr gutem Preis-Genußverhältnis. Es sind eigentlich schon Weine Languedoc, sie gehören aber weinrechtlich noch zum Tal der Rhône.

JT Chateau de Nages 2011 Costieres de Nimes (14,5%/16,50€) Sehr reichhaltiger Wein, volle Nase, viel Fruchtdruck, satte Beeren, im Mund Kraft, auch hier reife, dunkle, süße Frucht, aber auch jede Menge Spice. Ist kein Weichspüler, kein Wunder, sind ja neben 88% Syrah auch noch 12% Mourvedre mit drin.







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