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Sonntag, 17. Juli 2016

Torstens Reise- und Genusskommentar: Montélimar – Villars les Dombes

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Montélimar – Villars les Dombes

Gestern wurde an der Rhône gestartet und stramm nach Norden gefahren – in die Dombes – Teichlandschaft.

Es wäre sehr schön gewesen, wäre diese Etappe zunächst im Rhône – Tal geblieben und hätte dann Lyon weitläufig umfahren. Aber es wird auf eine weniger befahrene Hinterlandstrecke ausgewichen, die man so gebräuchlicherweise eher nicht macht, aber ebenfalls machen könnte, um dem dicht besiedelten Rhône-Tal mit seinem Verkehrsaufkommen zu entgehen. In erster Linie ist das aber heutzutage auch ein Sicherheitsproblem, weicht man auf wenig besiedelte Gegenden und ohnehin eher wenig befahrene Straßen aus.

Da ich mich in meinen Texten sehr an die tatsächliche Strecke halte, wird dieser Text deutlich kürzer ausfallen, als wenn es die Rhône hinaufgegangen wäre. Denn außer dass ich Start- und Zielort kenne, gibt es sonst wieder mal nur Schnittstellen...

Montélimar: Auf meinen häufigeren Fahrten durch das Rhône – Tal habe ich auch einmal in Montélimar Halt gemacht, allerdings erinnere ich mich eher an das Nougat von Montélimar – auch wenn ich es eigentlich so gar nicht mit Süßigkeiten halte – als an die eigentliche Stadt. Es ist auch nicht der sehenswerteste Ort, sondern eher eine moderne, industriell geprägte Stadt.

Ganz im Gegensatz zu Crest. Hier machte ich einen Stopp in einem Jahr, in dem ich aufgrund eines Muskelfaserrisses zuvor beim Klettern in der Sächsischen Schweiz kaum laufen konnte – als Ersatz für einen Aktivurlaub musste ein Autourlaub mit kultureller und kulinarischer Betonung her. Autofahren strengte das Bein nicht so an wie Gehen. In Crest mit seinen steilen Gassen musste ich besonders aufpassen und langsam gehen. Aber diese Stadt muss man nun mal zu Fuß entdecken. Es gibt dort sogar Straßen, die aus überwiegend Treppen bestehen...


Ein Gewirr aus alten engen Gassen, dazu viele alte Häuser, zum Teil überwölbt und ganz oben ein uralter Bergfried machen den Ort äußerst reizvoll und sehenswert. Einen Umweg wert, wenn man im Rhône – Tal ist und ein Pflichtstopp, wenn man wie ich dann die Drôme hinauf will – das kann man auch des Weines wegen wollen. Hier wächsen Trauben für sehr guten Schaumwein heran, aber auch weiße Stillweine gibt es. 


Der klassische Champagnertyp wird eher zum Cremant de Die greifen (für mich einer der interessantesten Cremants überhaupt), wer es experimenteller mag, der probiert den restsüßen Schaumwein Clairette de Die. Die interessantesten Erzeuger liegen aber weiter oberhalb im Drôme – Tal in Richting Die.

Nächster Schnittpunkt für mich ist Hauterives. Hier gibt es das PalaisIdealdes Briefträgers Cheval zu entdecken, und ebenso sein im selben verspielten Stil errichtetes Grab. Liebhaber von Kleckerburgen sind hier auf jeden Fall richtig.... Wir hatten uns beides auf einer Radtour im Jahre 1994 angeschaut, als wir von den Alpen kommend in Richtung Zentralmassiv unterwegs waren.


In Beaurepaire wenige Kilometer später bin ich 1997 per Rad durchgeommen, damals war ich in Paris gestartet und kam grade aus dem Rhône – Tal und war auf dem Weg nach Voiron, um dort einen guten Freund zu besuchen, der dort ein Austauschsemester machte. Es war November und in Beaurepaire war es bereits dunkel, ich wollte aber noch einige Kilometer schaffen und habe dort auch nicht angehalten.

In Jonsy oberhalb des Lyoner Flughafens kreuzen wir erneut die 1994er Radtour. Wir waren nach unserem kurzen Abstecher ins Zentralmassiv (genauer in das Pilat – Gebirge) bei Vienne wieder über die Rhône gegangen, um Lyon weitläufig zu umfahren.

Wir sind dann auch durch den Zielort Villars les Dombes geradelt, aber dazwischen schlugen wir einen größeren Haken, als es die Radler heute tun – wir wollten uns das wunderschöne Perouges nicht entgehen lassen.

Villars les Dombes ist eher ein kleines vrschlafenes, aber keinesfalls häßliches „Nest“, durch das man auch kommt, wenn man von Lyon nach Besancon die Bezahlautobahn vermeiden will.
Die hübsche Gegend der flachen Dombes mit seinen Hunderten von Teichen ist aber auch eine Entdeckung wert und daher bin ich dort auch bereits auf mehreren Radtouren durchgefahren. Die Dombes sind selbstredend ein Paradies für Wasservögel. Man kann sie allerorten hier in der Natur beobachten, aber man kann natürlich auch den eigens geschaffenen ornithologischen Park besuchen, in dem heute das Etappenziel ist.

Wichtigstes Utensil in dieser Jahreszeit hier? Richtig: MÜCKENSCHUTZ!!!

Torstens Reise- und Genusskommentar: Bourg St. Andéol – La Caverne du Pont d´Arc

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Einzelzeitfahren Bourg St. Andéol – La Caverne du Pont d´Arc

Ein kurzer Nachtrag zur 13. Etappe! Den Startort Bourg Saint Andéol habe ich mir einmal angeschaut, als ich das Tal der Rhône abwärts gefahren bin. Es ist ein hübsches beschauliches Städtchen mit einer romanischen Kirche und einigen sehenswerten alten Bauwerken. Erwähnenswert ist ein Brunnen mit einem Relief aus dem 2. Jahrhundert. Wir sind nach wie vor in einer Gegend, die schon von den Römern geprägt ist.



Ich persönlich mag die Fahrt auf dieser Seite der Rhône – man muss nur entsprechend Zeit mitbringen. Zum Einen ist die Strecke gespickt mit Sehenswertem, zum anderen ist man verkehrsbedingt natürlich deutlich langsamer unterwegs als auf der Bezahlautobahn auf der gegenüberliegenden Rhône – Seite. Belohnt wird man dafür mit schöner Landschaft (nur die Atomkratfwerke hinterlassen ein mulmiges Gefühl...) und weiter nördlich mit dem großartigen Weinbaugebiet der nördlichen Rhône. Leider verläuft die morgige Etappe zwar nach Norden, aber im weniger besiedelten Hinterland und nicht an den tollen Weinbergen der nördlichen Rhône vorbei.

Heute aber steht erstmal die Ardèche auf dem Programm...

Wir sind erneut bei der bereits erwähnten, in Montpellier gestarteten Radtour von 1998. Ich hatte mir in den Alpen wohl mutmaßlich einen Sonnenstich zugezogen und quälte mich mit vollem Gepäck und argem Durchfall tagelang herum und dabei auch über den höchsten Alpenpass – ich hatte davon bereits in früheren Jahren berichtet. In Nyons aber dann die Entscheidung: vorzeitige Rückfahrt nach Aniane oder Durchziehen. Wie so oft in meinem Leben hab ich mich für Durchziehen entschieden...

Sonst hätte ich vielleicht die Ardèche nicht oder erst viel später, aber nicht per Rad kennen gelernt.
Ich bin bei der Radtour allerdings nicht über den heutigen Startort gefahren, sondern habe bei Pont Saint Esprit die Rhône überquert – auf der für mich schönsten Brücke über diesen Fluß, Bei Saint Just habe ich dann das Rhône – Tal verlassen, um in die Schluchten der Ardèche zu kommen.

Die bei Radfahrern generell sehr beliebte Straße La Corniche de l´Ardèche führt oberhalb der Schlucht entlang, es gibt immer wieder gewaltige wunderschöne Ausblicke, aber es geht auch entsprechend immer hoch und runter bei recht wenig Schatten. Im Sommer fordert auch hier die Sonne wieder entsprechend Vorsichtmaßnahmen...


Aber die Landschaft entschädigt für alles. Immer wieder gibt es Aussichtsbalkone mit Blicken in die Schlucht hinab. Den letzten Teil dieser Straße fahren die Radler heute auch, wenn sie von Saint Remèze herüber gekommen sind. Sie müssen dann auch noch über den Aussichtspunkt Belvedere du Serre de Tourre und an der gigantischen Felsbrücke Pont d´Arc vorbei. bevor es durch das obere Ende der Schluchten der Ardèche in den stark tourismusgeprägten Ort Vallon Pont d´Arc geht. Die Rennfahrer werden aber heute kaum Zeit finden, die wunderbare Naturkulisse zu genießen. Sie sind gedanklich dann schon eher beim Schlußanstieg...

Meine Radtour von 1998 führte mich von Vallon Pont´D´Arc wieder etwas nach Süden in Richtung Alès und weiter in die Cevennen...


Freitag, 15. Juli 2016

Torstens Reise- und Genusskommentar: Montpellier – Mont Ventoux

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Montpellier – Mont Ventoux

Über die vorgestrige Etappe berichtete ja Thomas sehr ausführlich, aber auch ich kannte die Strecke fast ausnahmslos vom eigenen Erleben, da ich lange Jahre oft in der Gegend um Montpellier unterwegs war. In den 90ern leitete ich etliche deutsch-französische Jugendaustauschprojekte in Aniane, wo gestern nicht durchgefahren wurde, Aber von dort erkundeten wir die nähere Umgebung, teils auch per Rad und dadurch lernte ich in der Periode meines Lebens auch diese Weine lieben, die Thomas bereits angesprochen hat. Später mit dem Auto erweiterte sich der Aktionsradius meiner Tagestouren von Aniane aus (damals für mich nur noch als Urlaubstouren) bis ins Minervois.

Heute ist mein Keller nicht mehr ganz so dominant mit den Weinen dieser Gegend gefüllt, aber etwas von Borie de Maurel aus dem Minervois oder einen Prieure de Saint – Jean de Bebian aus Pézenas hätte ich schon noch aufziehen können. Aber davon hatte ich erst unlängst einen 2000er im Glas, der noch immer steht wie eine Eins – er ist nach wie vor ein großer Erlebniswein des Midi.

Der 2001erJadis von Leon Barral aus Cabrerolles – Lentheric aus dem Faugères, der nun Etappenwein wurde, hatte zwar nicht die Tiefe und Größe des Kultweines aus Pézenas, aber auch er ist ertaunlich gut über die Jahre gekommen. Die wirklichen Spitzen des Languedoc zeigen mir immer wieder, dass sie nicht nach 4 bis 8 Jahren ausgetrunken sein müssen. Der Jadis ist immer noch so exzellent wie vor etlichen Jahren, als ich ihn zuvor zuletzt hatte.


Ich habe zumindest die Touretappe auf der Landkarte noch mal genau Revue passieren lassen und zu vielen der durchfahrenen Orte fiel mir etwas ein.

Das ist aber auch zur heutigen Etappe nicht gravierend anders, auch wenn es hier Lücken gibt. So war ich noch nie auf dem Mont Ventoux. Als Fahrradberg reizte er mich zunächst nicht, weil ihm ein bisschen an der magischen 2000 m Höhenlinie fahlt – aber ich tue ihm damit gewaltig unrecht, denn es ist einer der wohl schwersten Anstiege Frankreichs, weil es quasi ganz unten losgeht.

Aber in meinem Alter muss ich langsam erfahren, dass man wohl oder übel nicht mehr alles schafft, was wohl reizvoll wäre. Also sollte ich mehr über das dankbar sein, was ich hatte, überschaubare Ziel setzen und nicht harmen mit dem, was nicht mehr machbar sein wird. Am Ende hatte ich schon so viel und das Erinnerungsland ist ein großes...

Montpellier ist nicht meine absolute Lieblingsstadt, aber dennoch bin ich dort immer wieder gern gewesen, ich mag die Gassen der Altstadt, in denen es viel zu entdecken gibt, mehr als den Place Comédie, ich mochte die Stadt sogar immer gern für entspanntes Shopping – Weinläden, Midi – Spezialitäten, aber auch den Fnac, wo es mitunter CD´s gab, an die man sonst schwer ran kam. Oder den speziellen Philatelistenschalter in der Post, wo man nicht ewig warten musste, bis man dran kam wie sonst üblich bei der französischen Post, wo zwei Leute vor einem oft 30 Minuten Wartezeit bedeuten konnten.

Ich erinnere mich an meine allererste Meeresfrüchteplatte und an die mehrfach besuchte Vinisud, aber auch an den weitläufigen Zoo, der den Tieren unendlich viel Freiraum lässt und der für Besucher kostenlos ist.

Und an 1998, wo ich von hier zu einer Radtour aufbrach, die mich zunächst in die Alpen und später in die Cevennen führte, bevor ich in Aniane wieder am Zielpunkt war. Ich bin allerdings damals zunächst nahe der Küste entlang gefahren, bevor ich auf die Strecke der heutigen Etappe stieß.

Zuvor kommen wir durch das hübsche Städtchen Sommières, welches ich auch bereits besichtigt habe (per Auto allerdings). Diese alte verwinkelte und am Berghang gelegene Stadt bietet viele schöne Gassen und Plätze, alte Häuser und Schlösser bzw. eine Burgruine aus dem Mittelalter und eine Brücke, die auf die Römerzeit zurück geht. Ein typischs Wohlfühlstädtchen für Entdecker und Midi-Flair Liebhaber.


In Beaucaire kommen wir dann auf meine Radelstrecke von 1998, ich kam aus der Camargue hoch und hatte das für die Costières de Nîmes empfehlenswerte Weingut Château Mourgues duGrès besucht, dessen Weine ich zuvor schon bei Händlern in Frankreich und Deutschland entdeckt hatte. Nun hatte ich es mir live angesehen, auch wenn ich mit dem Rad nur ein paar wenige Flaschen für die Unterwegsverpflegung kaufen konnte. Die Weine werden fast jedes Jahr zu Recht im Guide Hachette empfohlen.

In Beaucaire sollte man unbedingt die große und sehr beeindruckende Kirche mit ihrem romanischen Fries besuchen, auch wenn Tarascon auf der anderen Rhône – Seite die noch schönere und sehenswertere Stadt ist .Ich nahm mir per Rad Zeit für beides.

Bis Cavaillon bin ich 1998 auf der heutigen Strecke mitgeradelt, aber die Gegend südlich von Avignon hatte ich bereits im November 1991 per Rad entdeckt, als ich dort ein paar Wochen an der Sprachschule Französisch lernte. In dieser Zeit machte ich u.a. auch Radausflüge in die Alpillen und nach Saint – Remy de Provence. Letztes Jahr im Sommer machten wir dort auch Station auf dem Klettersteigurlaub. Wir biwakierten direkt bei den römischen Ruinen von Glanum und besuchten die sehr gut erhaltenen Les Antiques.


Am Folgetag besuchten wir dann auch noch das sehr zu empfehlende Museum für Vincent van Gogh in der Priorei Saint Paul de Mausole, bevor wir zum Klettersteig des Tages in Cavaillon rüber fuhren.



Der Klettersteig von Cavaillon entpuppte sich als überraschend schwierig und sehr abwechslungsreich.



Zu den Abenteuern zwischen Saint Remy und Cavaillon kann man hier ausführlich im zudem reich bebilderten Reisetagebuch des letzten Jahres nachlesen:









Die letzte Station auf dieser Etappe für mich ist Gordes. Das dortige Schloß beherbergt das sehr sehenswerte Vasarely – Museum mit einer umfangreichen Werkschau dieses Künstlers, der den Stil des Kubismus entscheidend geprägt hat. Hier schließt sich noch mal der Kreis in Richtung meiner Sprachschulzeit in Avignon. Auch nach Gordes war ich damals an einem Wochenendtag mit dem Fahrrad gefahren. Hier habe ich auch zum ersten Mal in meinem Leben Wachteln gegessen. Passende Weine dazu fände man auch an den Hängen des Mont Ventoux.

Aber davon ist schon lange nichts mehr in meinem Keller. So ganz überzeugt war ich bislang nicht von diesen „Hinterlandweinen“. Stattdessen würde ich eher zu einem Châteauneuf du Pape oder einem Gigondas raten – wenn ich nicht schon wieder mal Priorat trinken müßte...

Donnerstag, 14. Juli 2016

Weinradlers Depesche: Montpellier - Mont Ventoux


Die heutige Strecke ist nun wirklich großartig und nicht nur für Freunde des französischen Südens eine wahrhaftige Delikatesse: Überall Reben, Licht und Luft des flirrend sommerlichen Midi. Von Montpellier aus zunächst durch die Hügel des Gard südlich an Nimes vorbei, in Tarascon dann den Satz über die Rhone. Eine wichtige Grenze wird da überfahren, wir verlassen das Languedoc und seine Weine und entern voller Zuversicht die Weingebiete der Provence. Dann durch St. Remy, die Alpilles grüßen. Die Gegend da übt einen geradzu magischen Reiz aus. Es fehlt die Lieblichkeit der Cote d Ázur und der "grünen" Provence im Departement Var. Die Gegend ist flach, nackt, die Sonne brennt stärker. Alles wirkt erdiger, direkter. Kein Zufall, daß Nostradamus seine prophetischen Poeme zwischen St. Remy und Salon verfasst hat. In dieser Gegend tritt in trutzigen Bauten das römische Erbe hervor, in der Arena in Arles zum Beispiel. Aber auch das Mittelalter, wie in den dicken Mauern der Abtei Montmajour oder weiter unten Richtung Camargue in den wehrhaften Befestigungen von Aigues Mortes.

Ein Wein auf der Strecke, ein bekannter Cru: Domaine de Trevallon aus Les Baux-de-Provence. Seit 1973 bereitet der aus dem Elsass stammende Eloi Dürrbach feine Weine, die unter speziellen mikroklimatischen Bedingungen am Nordrand der Alpilles wachsen.

Kurz hinter Cavaillon bei Robion hab ich die Tour mal erlebt, das war 2008. Endloses Warten, Trubel, Leben, lange Schlangen vor dem einzigen Klo in der Brasserie des Sports, herrlich...
Genau da geht es auch heute wieder durch. 



Und nun wird es ernst, über Gordes und Mazan sind es nur noch wenige Kilometer zum magischen Ziel der Etappe. 
Zum Ventoux kann man natürlich viele Geschichten erzählen. Nur kurz gestreift sei die Besteigung von Francesco Petrarca im Jahre 1336, die als erste bewußte Besteigung eines Berges gilt und eine kultugeschichtliche Marke gesetzt hat.

Tourgeschichte(n) hat der Berg natürlich auch geschrieben. Immerhin 15 Mal ging es bisher hoch, acht Mal endete eine Etappe dort. Hier ist dazu was zusammengefasst (klick).

Tragik am Berg, der Gipfel der Leiden und, ja, des Todes. An seinen heißen Hängen starb 1967 Tom Simpson. Der war in einer Fahrt des Irrsinns, glaubte sich mit einem Etappensieg nach vorne fahren zu können - alles eine Illusion. 1500 Meter vor dem Ziel fiel er von seinem Rad. Simpson hatte sich mit Amphetaminen und hochprozentigem Alkohol vollgepumpt, um den kahlen Berg zu bezwingen. Er starb wenig später in einem Krankenhaus in Avignon. Sein letzter Auspruch soll ja gewesen sein "Put me back on my Bike"...

Auf dem Ventoux bin ich zweimal gewesen, allerdings immer mit dem Auto. Zum ersten Mal 1992 auf einer Tour mit einem 200er Diesel-Benz. Mit seinen 60 PS nahm er den Anstieg systembedingt in stoischer Ruhe vor. 


Das andere Mal war 20 Jahre danach, im Herbst 2012. Unten in Bedoin war Markt, ein warmer Oktobertag. Doch trotz reizvoller Stände mit duftenden Würsten, Käse, dicken Nougatblöcken ging mein Blick immer wieder quer nach oben. Der Gigant thront quasi über der Ebene. Der kahle Gipfel ist von da überall zu sehen.




Ein Pflichtstop ist natürlich der Gedenkstein für Tom Simpson. Wir sind da ausgestiegen und fühlten deutlich, was schon das Außenthermometer angezeigt hatte. Unten in Bedoin waren es noch angenehme 20 Grad, hier oben nur noch knapp über Null. Dazu kam der enorme Windchill. Es wehte ein kräftiger Herbstmistral, der Wagen wackelte.





Oben auf der Kuppe war es unter Null. An den Metallkonstruktionen auf dem Gipfel bildete sich Eis. Aber der Blick war natürlich großartig. Die Luft war ganz klar, kein Dunst, wie man ihn im Sommer dort oft antrifft. Nach Nordosten die Alpen, zum Südwesten das Rhonetal bis ins Languedoc rüber. Nach Süden für mich aber mit dem größten Augenreiz: Über einem schmalen dunklen Rücken im Mittelgrund, dem Luberon, glänzte am Horizont das Mittelmeer. Ziemlich genau die weite Bucht vor Marseilles mit den Inseln. Etwas nach rechts sogar die Industrieanlagen von Fos-sur-Mer in der Camargue und die Öltanker in der Ètang de Berre. Ans Meer kamen wir nicht in der kurzen Herbstwoche. Aber der Ventoux, der Mächtige, hatte uns immerhin einen wahrhaft weiten Blick dorthin ermöglicht.


Nun aber noch was zum Wein. Die AOC Ventoux mit ihren Rebflächen südlich des Berges hat in den letzen Jahren einen Qualitätsaufschwung gemacht, vor allem getragen von kleineren Winzern wie Sebastien Vincenti mit seiner Domaine Fondreche, Chateau Pesquie und vielen weiteren (klick).
Es sind kraftvolle Gewächse, die den Vergleich mit den Spitzen und Crus der Rhone nicht zu scheuen brauchen. Würzige-intensive Charakterdarsteller mit tiefdunkler Frucht, häufig mit maskuliner Rustikalität. Die Weine reiten in ihrer Jugendphase oft Attacke auf Nase und Gaumen, eine gewisse Alterung lohnt auf jeden Fall. Typische Gewächse also für Südweintrinker, und die soll es ja, trotz aller Betonung von Eleganz und Finesse, wie es gerade en vogue ist, durchaus noch zahlreich unter Weinfreunden geben.



Sonntag, 20. Juli 2014

10. Depesche: Von den Alpen durch die Provence


Endlich! Die Tour 2014 ist ja eher eine Rundfahrt des Nordens und Ostens, trotzdem gibt es heute nach dem kurzen Trip in die Alpen eine richtige Südetappe quer durch die Provence, eine sehr lange dazu. 222 Kilometer wird heute durch wunderschöne Landschaften geradelt, jede Menge Reben müßten zu sehen sein. Es wird heiß, Gegenwind wird erwartet - dafür geht es wenigstens tendenziell bergab, wie ein Blick auf das Etappenprofil zeigt.



Es geht los noch oben im alpinen Bereich. In Tallard, kurz hinter dem Lac des Serre Poncon wird gestartet. Der Stausee spielt neben seiner Bedeutung für Wasserwirtschaft und Stromerzeugung eine wichtige Rolle beim Wassersport. Man kann herrlich drin baden, Boot fahren oder surfen. An den Ufern haben sich allerlei Tourismusangebote angesiedelt (klick)



Die Tour folgt hier der N85,  der berühmten Route Napoleon, die von Cannes am Mittelmeer bis nach Grenoble führt. Der Korse nutzte die Marschroute, als er, von Elba kommend, am 1. März 1815 mit 1200 Mann an der französischen Küste landete und über Grasse, Digne, Sisteron und Gap bis nach Grenoble 335 Kilometer in einem siebentägigen Gewaltmarsch zurücklegte. Am 20. März 1815 zog er schon wieder als Kaiser in den Tuilerienpalast ein. Allerdings nur für hundert Tage, danach kam Waterloo. Die Geschichte endete bekanntlich auf St. Helena im Südatlantik.


Die N 85 ist eine wirkliche Traumstraße und für mich immer noch die schönste Art, ins Midi zu reisen. Hinter Grenoble geht es steil an, den Trubel des Tales läßt man unter und hinter sich und fährt im stetigen auf und ab Richtung Süden, sozusagen in Gegenrichtung zu Napoleons Troß. Zunächst ist alles noch sehr alpin, mit quellklaren Seen und spektakulären Blicken in die Seitentäler mit ihren schneebedeckten Gipfeln des Alpenhauptkamms. Doch schnell wird es flacher und wärmer, Architektur und Vegetation ändern sich und irgendwann taucht ein Straßenschild auf: "Alpes-de-Haute-Provence". Dann ist man schon kurz vor Sisteron, dem "Porte de la Provence" mit seinem spektakulären Felsdurchbruch der Durance. Von da sind es noch 180 Kilometer bis Nizza. Auf der Strecke liegen Lavendelfelder, Weinberge und einer der größten und tiefsten Schluchten Europas, der Grand Canyon du Verdon, 21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief. Allein das lohnt schon die Reise. Der Verdon fließt als grünes Band im Talgrund und mündet in den tükisfarbenen und erfrischenden Wassern des Lac de Sainte Croix.




1990: Frühstück auf der Route Napoleon

1996: Kurzer Halt mit dem roten Bochumer in Sisteron

Südlich Sisteron wird dann nach Westen abgebogen, schöne kleine Straßen durch das Pays de Forcalquier bis nach einiger Zeit südlich der Luberon grüßt. Im Jahre 2008 ging die Tour auf gleicher Strecke hier durch und ich habe in Robion, einem Dorf kurz vor Cavaillon, an der Straße gestanden. Die Begeisterung war riesig, als erst die Werbekarawane und dann das Fahrerfeld passierten.




Schließlich geht es Richtung Rhone, die Gegend zwischen Camargue und den Alpilles übt einen magischen Reiz aus. Es fehlt die Lieblichkeit der Cote d Ázur und der "grünen" Provence im Departement Var. Die Gegend ist nackter, die Sonne brennt stärker. Alles wirkt erdiger, direkter. Kein Zufall, daß Nostradamus seine prophetischen Poeme zwischen St. Remy (da geht es heute durch) und Salon verfasst hat.




Wein gibt es da überall, erwähnt sei hier ein besonderer Cru des Südens ganz in der Nähe der Strecke, ein unter Weinfreaks weltweit anerkannter Wein, für die Gegend untypisch, ein Solitär: Domaine de Trevallon aus Les Baux-de-Provence. Seit 1973 bereitet der aus dem Elsass stammende Eloi Dürrbach Weine, die unter speziellen mikroklimatischen Bedingungen am Nordrand der Alpilles wachsen. Den gab es im letzten Jahr zur 6. Etappe von Aix nach Montpellier (klick hier).

In Tarascon geht es dann über die Rhone, von da sind es nur noch wenige Kilmeter bis zum Etappenziel Nîmes, neben Arles, Orange eine der Kapitalen der römischen Provence mit gewaltigen und gut erhaltenen Bauwerken aus dieser frühen Blütezeit. Ein ganz erstaunliches steht etwas nördlich, der: Der Pont du Gard. Die Brücke ist 49 m hoch und umfasst drei Etagen, sie war Teil einer fast 50 km langen Wasserleitung, mit der Wasser von den Quellen nahe Uzès nach Nîmes transportiert wurde.

Das war uns 2005 Anlaß genug, auf diese meisterhafte Ingenieursleistung der alten Römer mit einer kleinen Verkostung in den Wassern des Gard anzustoßen.



Der Wein zur heutigen Etappe kommt natürlich auch von hier, in den Costieres de Nimes wachsen ausgezeichnte Rote mit sehr gutem Preis-Genußverhältnis. Es sind eigentlich schon Weine Languedoc, sie gehören aber weinrechtlich noch zum Tal der Rhône.

JT Chateau de Nages 2011 Costieres de Nimes (14,5%/16,50€) Sehr reichhaltiger Wein, volle Nase, viel Fruchtdruck, satte Beeren, im Mund Kraft, auch hier reife, dunkle, süße Frucht, aber auch jede Menge Spice. Ist kein Weichspüler, kein Wunder, sind ja neben 88% Syrah auch noch 12% Mourvedre mit drin.







Samstag, 19. Juli 2014

Torstens Genusskommentar: Saint Étienne – Chamrousse

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Saint Étienne – Chamrousse

Das Massif du Pilat, ein regionaler Naturpark ist in diesem Jahr der einzige kleine Abstecher in die Gebirge des Zentralmassivs und auch das wird von der Tour nur „gestriffen“. Wir hatten auf unserer Radtour 1994 – die ich bereits mehrfach in den letzten Tagen erwähnen mußte – eine deutlich ausgiebigere Runde durch dieses hübsche Gebirge gemacht. Wir kamen dabei grob gesehen der heutigen Etappe entgegen und machten erst von hier aus den Schwenk rechts um Lyon. Wir waren eigentlich nur mal kurz auf dieser Seite der Rhône, um in das Massif du Pilat hoch zu fahren. Berge hoch strampeln gehörte damals auch zu unseren bevorzugten Dingen auf den Radtouren. Nur hatten wir halt immer das ganze Campinggepäck dabei – und dennoch wurden die Berge als Bergwertungen ausgefahren. Wobei auf den Pässen dann immer gewartet wurde, bis die ganze Truppe wieder beisammen war.



Schade, dass heute nicht direkt von Saint Étienne aus das Gebirge geentert wird, dann wären sie heute auch über die wunderschöne Bergstraße D 63 mittendurch gefahren, so haben wir nur die Abfahrt von Pelussin nach Chavanay runter gemeinsam mit der Tourstrecke. In Chavanay hätten wir damals schon Winzer besuchen können, aber das Gebiet der Nördlichen Rhône war auch mir damals noch ein wenig zu teuer. Erst zwei, drei Jahre später war ich bereit, mir Cornas, Côte Rôtie und Hermitage wegzulegen Und da diese Weine lange reifen müssen, hab ich auch noch gar nicht so viele davon weggetrunken. Auch aktuell liegt davon leider nichts im Trinkregal, aber ich bin ja auch noch mit Jura und Beaujolais im Verzug. Dafür ist der Elsässer jetzt getrunken (siehe unten). Zwar sind noch zwei Cornas aus 1999 für dieses Jahr zum Trinken vorgesehen (Chapoutier gegen Eric & Joel Durand), aber ob ich die finde, so auf die Schnelle? Und eigentlich ist das auch nichts für die gegenwärtige Hitze..

Die berühmten Weinberge der nördlichen Rhone, gesehen von der A7. Doch der der Priorat-Hammer war in der Gegend lieber auf den kleinen Straßen unterwegs

1997 auf meiner November – Radtour kam ich von Vienne her runter (ich hatte hier nach meinem Besuch im Beaujolais Lyon auf dieser Rhône- Sâone-Seite umgangen) und bin dann grob auch in die Richtung der heutigen Tour bis nach Voiron gefahren. 1994 sind wir von Chavanay aus dann an den Weinbergen der Côte Rôtie und von Condrieu vorbei nach Vienne hoch gefahren...

1997 war ich schon weinaffin genug, um hier aus dem Gebiet was zu verkosten und einzelne Flaschen ins Radgepäck zu stecken. Ich besuchte damals unter anderem Gilles Barge in Ampuis erstmalig und auch bei George Vernay in Condrieu habe ich damals Halt gemacht: George Vernay habe ich letztes Jahr übrigens im Priorat wiedergesehen, denn die Winzer aus der Ecke fahren gern ins Priorat und lassen sich zeigen, was ihre Kollegen dort schönes machen. Laurent Combier (AOC Crozes Hermitage) und Michel Gerin (Côte Rôtie), die beiden Winzer der Nordrhône sind ja zwei Drittel des berüchtigten Trio Infernal. In einem nächtlichen Höllenritt fahren sie jedes Mal von hier nach Torroja del Priorat, um sich um den dortigen Weinberg der Franzosen zu kümmern.




Die Rennradler kümmert das alles nicht, sie sehen nur ganz kurz ein paar Reben während der Abfahrt und dann müssen sie nach Überqueren der Rhône auch zusehen, heil am dortigen Atomkraftwerk vorbei zu kommen. Und schon sind sie wieder im Hinterland, weg von den berühmten Weinbergen.

Oberhalb von Auberives sur Varèze werden die N7 und die Maut-Autobahn gequert. Die Mautautobahn vermeide ich meist, wenn ich in der Ecke bin und auch die N7 ist dort nicht meine Lieblingsstrecke. Ich fahr dann lieber die ruhigere und landschaftlich weitaus schönere Strecke an den schon erwähnten Weinbergen vorbei. Dennoch, die N7 ist mir immer noch vertrauter wie die Autobahn, die landschaftlich langweilig und eben teuer ist. 1994 wie auch 1997 bin ich weiter südlich unterwegs gewesen, die Radler heute nutzen eine kleine Nebenstraße, um erstmal gen Alpen zu kommen. Dafür verpassen sie diesmal auch Hauterives, welches 1994 ein Ziel für uns war, das Palais Ideal des Briefträgers Monsieur Cheval konnten wir als Sehenswürdigkeit nicht auslassen...

Bizarres Projekt eines Briefträgers: Palais Ideal in Hauterives

Erst kurz vor Penol kommen wir auf meine Strecke nach Voiron von 1997, ich habe mir damals dann noch La Côte Saint Andre angesehen, ein kleines Städtchen mit einer hübschen Markthalle, einem Schloß und sehenswerter Kirche. Die Tour führt da heute durch, allerdings wird das Zentrum dabei umgangen. Dafür bleiben wir aber bis La Frette auf meiner Radelstrecke von 1997.
Den Ort Rives habe ich nur mal bei einer meiner Alpentouren durchfahren, von Grenoble kommend, hier wird heute ein Bogen geschlagen, allerdings geht man zwar über die Isere, fährt dann aber an deren Ufer entlang und schlägt damit einen eleganten Bogen um das Vercors. Wir haben 1994 aus dem Chartreuse Massiv kommend nach der Besichtigung von Grenoble die Berge des Vercors allerdings nicht vermieden, sondern sind bei Sassenage nach Villard le Lans hinauf geradelt.

Wenigstens wird heute vor der Durchfahrung von Grenoble noch ein ganz kleiner Abstecher in das Chartreuse Massiv hinauf gemacht, aber auch nur eines Passes wegen. Ansonsten gäbe es deutlich schönere Straßen durch das beeindruckende Massiv der Chartreuse, deren Sehenswürdigkeiten diesmal außen vor bleiben müssen. Leider, ich hätte da sonst einiges zu berichten gehabt, sowohl von unserer 1994er Radtour als auch aus späteren Zeiten, wo ich dann wegen der Klettersteige wieder kam. Und für diesen kleinen Abstecher lohnt es auch nicht, meine derzeit letzte Flasche grüner Charteuse zu opfern. Davon gäb es bei den 55° aber eh nur ein Gläschen...

In Grenoble an sich hatte ich auch schon das eine oder andere Mal kurz Halt gemacht, im Februar 1991 gönnten wir uns auf der Rückfahrt von Aniane kommend sogar 3 Stunden Freizeit im Zentrum von Grenoble, wobei ich der Briefmarkensammelei wegen einen Gutteil der Zeit auf der Post angestanden habe.
Dafür bleib ich dann noch ein bisschen hier und lasse euch den Rest auf die Bergankunft alleine machen. Ich war noch nicht oben in Chamrousse, obwohl es dort zwei Klettersteige gibt, allerdings zwei recht einfache. Eher ein bisschen was zum Warmmachen für morgen...


Dafür möchte ich noch einen Satz zu meinem Elsässer Tourwein sagen:




Domaine Bott – Geyl; Mandelberg Grand Cru Riesling; 2002 weiß Recht verhalten in der Nase, dafür am Gaumen komplex und recht fett, mürbe Äpfel, auch Hefekuchen mit Äpfeln fielen mir ein. Langer Nachhall. Insgesamt aber solo nicht besonders eindrücklich, die Gewürztraminer oder Toaky Pinot Gris als Grand Cru – Ausgabe des selben Herstellers hatten mich oft mehr begeistert. Seine Stärke konnte der Wein allerdings zum Essen ausspielen: Hähnchenschenkel wurden mit Porree, einer Möhre und Kartoffelstücken kurz angebraten, dann gab es einen Löffel Mehl drüber, das Ganze mit einem guten trockenen Riesling ablöschen, reichlich Estragon dazu und einen Löffel Creme Fraiche, alles verrühren und in einen Steintopf umschütten. Das Ganze dann zugedeckt etwa eine Stunde im Ofen bei knapp 200 °C mit sich beschäftigen lassen. Bon Appetit...

Für den Wein an sich habe ich 92/100 Th. vergeben – entspricht einem sehr guten Wein. Mit dem Essen zusammmen wäre die Genußwertung deutlich höher.



Freitag, 18. Juli 2014

8. Depesche: Rhone Nord




Es geht in die Alpen, endlich. Nach den Touren über die Schlachtfelder von WW I und vollem Programm in den Vogesen wird nun von St. Etienne kommend straight ahead nach Osten geradelt, Etappenziel ist heute Grenoble. Zur besseren Orientierung oben mal die Etappenkarte, für uns Weinleute wird es kurz nach dem 3er Pass interessant, südlich von Lyon wird die Rhone gequert, genau durch die Weinberge von Condrieu.
Ich erinnere mich an einen Aufenthalt dort vor 9 Jahren, eine Übernachtung ein paar Kilometer nördlich in Vienne. Wir waren auf dem Weg ins Languedoc am späten Nachmittag dort, hatten Hunger und Durst und keine Lust mehr, weiter nur Kilometer zu fressen. Gegessen haben wir damals sehr schön im Restaurant Le Cloitre, direkt neben der mächtigen Kathedrale St-Maurice. Den Wein dazu weiß ich nicht mehr, es wird aber gewiß einer von der nördlichen Rhone gewesen sein.




Der weitere Verlauf bis Grenoble führt dann durch eine reizvolle und fruchtbare Mittelgebirgslandschaft, rurales Frankreich erster Güte. Etwas nördlich der Streckenführung gibt es den sehr schön zwischen Hügeln, Wiesen und Wäldern gelegen Lac de Paladru.




Auch dort legten wir auf dem Weg in die Provence mal eine Zwischenübernachtung ein. Nach Tretbootfahren und Schwimmen gab es eine Stärkung im Le Relais de la Tourelle, ein Gasthaus, wie es sie in Frankreich abseits der großen Touristenströme noch immer gibt. Ein preiswertes, reichliches und handwerklich gut zubereitetes Menü, das glücklich macht. Dazu gab es einen Vin de Savoie.





Auch der Zielort Grenoble gehört zum Standardprogramm auf dem Weg ins Midi. Wählt man die (längere, dafür schönere) Anreise durch die Schweiz, kommt man nach dem Genfer See über die A41 schnell über Annecy und Chambéry in die Alpenmetropole. Nur zum durchfahren ist die Stadt zu schade. Auffallend ist die enorme Studentendichte (4 Unis mit ges. 60.000 Student/innen !) und die hohe Zahl italienischer Lokale. Im 20. Jahrhundert erlebte die Stadt zwischen den zwei Weltkriegen eine massive italienische Einwanderung, vor allem ins Stadtviertel Saint-Laurent, das "quartier italien".



Es lohnt sich, mit der Seilbahn, den "bulles de grenoble", auf die Bastille, hochzufahren. Der Blick nach Süden, vorne das Stadtpanorama, dahinter die Alpenkette, ist großartig. Für die weitere Route Richtung Süden muß man sich dann entscheiden. Hat man es eilig fährt man die N75 (Route Hannibal) über den Col de Croix Haute und ist dann (relativ) schnell in Sisteron, der "Pforte zur Provence". Oder man läßt es ruhiger angehen und nimmt die N85, die berühmte Route Napoleon. Die beginnt direkt in Vizille kurz hinter Grenoble, aber da fahren sie erst morgen durch, auf dem Weg in die Hochalpen. Heute geht es quasi in Sichtweite der Stadt knackig hoch, ein HC-Anstieg auf das Skiplateau von Chamrousse.

Der Wein zur Etappe ist natürlich einer von der nördlichen Rhone, da wo sie heute rüberfahren. Nordrhone findet in Deutschland eher selten den Weg in die Gläser von Weinnovizen. Da ist zum einen die Syrah, die von den Hängen des Hermitage, von der Cote Rotie, aus Cornas etc. nicht so schmelzig- üppig ausfällt, wie man es aus dem Süden kennt. Hier kommt sie maskuliner daher, wenn diese Beschreibung mal erlaubt ist. Weniger breite, süße Frucht, mehr fokussiert auf würzige Strenge, Lakritz, Blut, Stein. Falls sich die Gelegenheit ergibt, unbdigt mal einen Cru aus der Gegend probieren.
Das oben schon erwähnte Condrieu ist eine Ecke für besondere Weiße aus der Viognier Traube, daraus ist auch der Etappenwein.




Viognier de Rosine Mas Ogier d ´Ampuis (12,5%/20€) Ein weißer vom Rande der Appellation, darum als VdP deklariert, wieder einer, der auf Granitböden wächst (klick), wieder sehr eigen in der Aromatik. Keine Riesennase, aber das muß er auch nicht, kommt fein daher. In der Kindheit gab es mal was, das nannte sich Eisbonbon, das erinnere ich hier, kühle Frucht, ganz leicht tropisch, fester Pfirsich und Ananaswasser. Aber immer ohne Übertreibung, bleibt dezent, man muß reinriechen und reinschmecken. Im Mund dann schöner Schmelz, recht weich, wenig Säure, kleidet aus, was nussiges kommt dazu, vom Holz (2/3 im neuen Barrique, zu 1/3 im Edelstahltank vergoren), aber auch hier dezent.
Nach längerem Schmecken und einiger Luft, bitte den Kandidaten hier nicht zu kühl verkosten, wird klar, daß die Rosine bei aller Leichtigkeit ein ziemlich solides Fundament hat, und auch die Baßtöne ganz gut am Gaumen aufzuspielen weiß.



Montag, 15. Juli 2013

Ruhetagsgedanken - Rhone Süd



Heute mal eine kleine Atempause, die Fahrer rollen locker in der Provence herum. Wichtig ist, daß auch an Ruhetagen der Körper was zu tun hat. Darum kann man heute bestimmt in einigen Ecken der südlichen Rhone die Teams flitzen sehen, ehe es morgen von Vaison-la-Romaine aus nach Osten in Richtung Alpen geht.
In Orange gab es ja heute schon einen Aufreger. Chris Froome verließ genervt die Pressekonferenz seines Teams. Es gab fast nur Fragen zum Doping. „Hier sitze ich nach dem größten Sieg meiner Karriere und werde beschuldigt, ein Lügner und Betrüger zu sein“, so sein Kommentar. Naja, wie er da so abgegangen ist gestern am Ventoux, im Sitzen am steilen Stück, mit 240 Kilometern in den Beinen ist es logisch, daß die D-Frage hochkommt. Letztlich kann er sich bei Armstrong, Riis, Landis, Winokurov, Basso und Co. bedanken, die haben die Ursachen für das Mißtrauen in solcherart Leistung gesetzt.




Die südliche Rhone, weingeographisch ist dies neben der Provence und dem Languedoc (beide auf dieser Tour schon durchfahren) der dritte große Bereich im Midi. Ich hatte es ja schon mehrfach erwähnt, für mich ist das Geniale an der 100. Tour, daß sie sich so gern im Süden und damit zwischen den Reben tummelt.
Die reichhaltigen, sonnenverwöhnten Weine aus dieser Ecke sind auch im Einsteigerbereich charakterstarke Gewächse mit oft sehr gutem Preis-Genußverhältniss. In den Spitzen, aus den Village und Cru-Lagen, zudem von aufwändig arbeitenden Winzern sind sie Weltklasse, markieren in gültiger Weise einen Weinstil für Leute, die vor Frucht und Wucht im Glas nicht zurückschrecken. Verkostet wurde beim Weindeuter Rhone Süd regelmäßig, herausragend und oft im Bereich der vinophilen Glückseligkeit die Crus aus Gigondas und vor allem aus Chateauneuf du Pape.

Auf den kargen Kieselhängen von Ch9dP

Spätestens seit der großen Chateauneuf-Probe in Bochum (135 Weine von 68 Weingütern), organisiert von Uwe Bende im Jahre 2009, wäre ein Wein von den kargen Kieselhängen dort mein Kandidat für die berühmte "letzte Flasche". Von der Probe existiert übrigens ein kleiner Clip.



Im letzten Herbst war ich vor Ort, wie schon im Post (klick) zur gestrigen Ventoux-Etappe beschrieben. Von Nyons aus erreicht man ganz schnell die Weindörfer, die jeder Rhone Fan auswendig daher sagen kann: Vinsobre, Valreas, Cairanne, Rasteau, Sablet, Seguret, Vacqueyras und natürlich Gigondas. Im kleinen Dorfzentrum liegt der Caveau du Gigondas. Ich kam kurz vor der Mittagspause, er war nur ein knappe Viertelstunde Zeit zu verkosten. Außer mir im Raum eine Männerrunde aus Polen auf Weintour durch den Süden. Offen ist quasi alles, von ein paar Ausnahmen abgesehen, was in der AOC produziert wird.



Was nehmen? Ich entschied mich, ein paar 2007er zu verkosten. Leider passierte dann ein Mißgeschick, was man in so einer Situation gar nicht gebrauchen kann: Ich fegte mit lockerer Hand das Probenglas von der Theke, es fiel laut splitternd zwischen die kleinen Probenflaschen in der Kühlung. Peinlicher Moment, wurde aber sehr charmant von der hübschen Weinberaterin umspielt. Sowas kommt da möglicherweise öfter vor, die Rotweinbomben haben ja nicht selten Alkoholgrade von > 15%.




In Ruhe nachverkostet wurde dann oberhalb des Dorfes, es gibt unterhalb der Burgruine einen schön angelegten Kräutergarten mit Lehrpfad. Im Glas Domaine Paillère et Pied-Gû 2007.






Durchaus lohnend ist übrigens auch ein Besuch der Winzergenossenschaft in Cairanne. Da ist im Keller ein aufwändig gestalteter Parcours Sensoriel installiert, man kann fühlen und riechen etc. Gut gemacht mit allerlei Licheffekten, der Eintritt ist gratis.





Schöner Cairanne von den Genossen,
verkostet im Ferienhaus in Nyons