Posts mit dem Label TdF 2011 werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label TdF 2011 werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 16. Juli 2013

16. ETAPPE - Dienstag 16. Juli 2013 - Vaison-la-Romaine > Gap - 168 km


Das war es mit dem Wein fürs erste. Nach dem Ruhetag (Post dazu hier/klick) führt die Strecke heraus aus den weinsatten Hügeln der südlichen Rhone in östliche Richtung. Es geht von Vaison-la-Romaine quasi "hinter" den Ventoux und dann über durchaus gebirgige Straßen in Richtung Gap. Das ist ein Zwischenland, nicht mehr mit der Aura der mediterranen Provence. Aber auch noch nicht richtig alpin, im Sommer haben die Dörfer hier in Richtung Durancetal aber durchaus südliches Flair. Aber ob dieser Teil des Departements Hautes-Alpes wirklich noch zur Provence gehört ist ? Im engeren Sinne sicher nicht. Für mich war diese Gegend immer ein Transitbereich, gefahren auf verschiedenen Straßen und mit verschiedenen Autos. Immer aber, um von Süd nach Nord, oder aber viel lieber von Nord nach Süd zu kommen. Oft wurde dort irgendwo ein Zwischenübernachtung eingelegt. Zu einer sehr erholsamen Etappenpause unten gleich mehr...

Die Tourstrecke trifft auf das Tal der Durance heute etwas nördlich von Sisteron. Und dieser Ort mit seinem spektakulären Kalkfelsen gilt ja als "Porte de la Provence". Ab da wird es wärmer, heller, die Architektur verändert sich, es sind noch 180 Kilometer bis Nizza. Womit wir zumindest gedanklich die Runde zur 4. Etappe geschlossen hätten. Da wurde ja von Nizza nicht weiter bis Norden gefahren, sondern in Höhe Grasse nach Westen abgebogen, Etappenziel war an dem Tag Marseilles.


Sisteron, das Tor zur Provence,
1994 mit dem kleinen roten Bochumer...

Aber das ist ja schon Geschichte, heute geht es nach Norden. Allerdings nicht auf direktem Wege nach Gap entlang der N85, der berühmten Route Napoleon. Nein, man nimmt die N75 und durchquert das kleine Provinzstädtchen Laragne-Montéglin, an das ich eine besondere Erinnerung habe.
Wir kamen von Süden, aus einem Urlaub in Flayosc im Departement Var. Herrlicher Ort, schönes Haus, viel Ruhe. Auf der Rückfahrt allerdings, an einem Samstag, waren wir nicht die einzigen auf der Straße. Außerdem hatten wir die Idee, noch bei einem bestimmten Weingut bei Carnoules vorbeizufahren, der Domaine Grand Cros. Da wurde noch in aller Ruhe verkostet und eingekauft.


Domaine Grand Cros, Verkostung auf der Rückfahrt.
Danach leider Dauerstau...

Um den Preis, daß wir in ein wahnsinniges Stop&Go auf den Landstraßen nach Norden kamen. Bei Überlastung reicht schon eine Ampel, oft ein Zebrastreifen an einem Markttag in den Dörfern, und es zieht sich bei herrlichstem Wetter ein Blechlindwurm durch die idyllische Landschaft. Als auf der N75 kein Ende des nervenden Irrsinns abzusehen war, beschloss ich, nur noch bis zum nächsten Ort im Stau zu stehen. Und das war dann just Laragne-Montéglin. Direkt an der Durchgangsstraße tauchte ein Hotel auf, ich fuhr auf den Parkplatz, die erste Tagesetappe auf der Rückfahrt war geschafft, nach gerade mal 120 Kilometern.
Ich bin dann sogar mit dem Focus noch etwas um den Ort herumgefahren, nach langem Sitzen am Steuer verlangt der Körper nach Bewegung...


Stop&Go auf der N75 
Einfach anhalten und übernachten...

Laragne-Montéglin, unrenoviertes Frankreich

Der Abend dort war dann herrlich. Wir hatten ein Zimmer zur Straße, ich hab mir von da mindestens eine halbe Stunde die endlose Reihe von dahinschleichenden Autos angesehen, mit einem Glas Rosé in der Hand. Das Hotel Les Terrasses war old fashioned, unrenoviertes Frankreich. Ein älteres Ehepaar schmiß den Laden. Für die Bedienung auf der Terrasse aber war ein hübsches Mädchen zuständig. Das Menü war einfach gehalten, aber großzügig und lecker, mit schön sortierter Käseplatte. Auch hier unrenoviertes Frankreich...








Am anderen Tag war man frisch, die Straße war frei. Auf der heutigen Tourstrecke ging es weiter in Richtung Col de la Croix Haute, dahinter liegt dann schon Grenoble. Das Feld biegt aber vorher von der N75 nach Osten ab. Das sind dann nur noch ein paar Kilometer zum Talkessel von Gap. Gemeinerweise geht es aber nicht sofort in den Ort rein, sondern es gibt noch einen Schlencker oberhalb über einen kleinen Pass der zweiten Kategorie. Kleine Einstimmung auf das, was die Profis in dieser Woche noch erwartet, am Donnerstag und am Freitag...



Montag, 15. Juli 2013

Ruhetagsgedanken - Rhone Süd



Heute mal eine kleine Atempause, die Fahrer rollen locker in der Provence herum. Wichtig ist, daß auch an Ruhetagen der Körper was zu tun hat. Darum kann man heute bestimmt in einigen Ecken der südlichen Rhone die Teams flitzen sehen, ehe es morgen von Vaison-la-Romaine aus nach Osten in Richtung Alpen geht.
In Orange gab es ja heute schon einen Aufreger. Chris Froome verließ genervt die Pressekonferenz seines Teams. Es gab fast nur Fragen zum Doping. „Hier sitze ich nach dem größten Sieg meiner Karriere und werde beschuldigt, ein Lügner und Betrüger zu sein“, so sein Kommentar. Naja, wie er da so abgegangen ist gestern am Ventoux, im Sitzen am steilen Stück, mit 240 Kilometern in den Beinen ist es logisch, daß die D-Frage hochkommt. Letztlich kann er sich bei Armstrong, Riis, Landis, Winokurov, Basso und Co. bedanken, die haben die Ursachen für das Mißtrauen in solcherart Leistung gesetzt.




Die südliche Rhone, weingeographisch ist dies neben der Provence und dem Languedoc (beide auf dieser Tour schon durchfahren) der dritte große Bereich im Midi. Ich hatte es ja schon mehrfach erwähnt, für mich ist das Geniale an der 100. Tour, daß sie sich so gern im Süden und damit zwischen den Reben tummelt.
Die reichhaltigen, sonnenverwöhnten Weine aus dieser Ecke sind auch im Einsteigerbereich charakterstarke Gewächse mit oft sehr gutem Preis-Genußverhältniss. In den Spitzen, aus den Village und Cru-Lagen, zudem von aufwändig arbeitenden Winzern sind sie Weltklasse, markieren in gültiger Weise einen Weinstil für Leute, die vor Frucht und Wucht im Glas nicht zurückschrecken. Verkostet wurde beim Weindeuter Rhone Süd regelmäßig, herausragend und oft im Bereich der vinophilen Glückseligkeit die Crus aus Gigondas und vor allem aus Chateauneuf du Pape.

Auf den kargen Kieselhängen von Ch9dP

Spätestens seit der großen Chateauneuf-Probe in Bochum (135 Weine von 68 Weingütern), organisiert von Uwe Bende im Jahre 2009, wäre ein Wein von den kargen Kieselhängen dort mein Kandidat für die berühmte "letzte Flasche". Von der Probe existiert übrigens ein kleiner Clip.



Im letzten Herbst war ich vor Ort, wie schon im Post (klick) zur gestrigen Ventoux-Etappe beschrieben. Von Nyons aus erreicht man ganz schnell die Weindörfer, die jeder Rhone Fan auswendig daher sagen kann: Vinsobre, Valreas, Cairanne, Rasteau, Sablet, Seguret, Vacqueyras und natürlich Gigondas. Im kleinen Dorfzentrum liegt der Caveau du Gigondas. Ich kam kurz vor der Mittagspause, er war nur ein knappe Viertelstunde Zeit zu verkosten. Außer mir im Raum eine Männerrunde aus Polen auf Weintour durch den Süden. Offen ist quasi alles, von ein paar Ausnahmen abgesehen, was in der AOC produziert wird.



Was nehmen? Ich entschied mich, ein paar 2007er zu verkosten. Leider passierte dann ein Mißgeschick, was man in so einer Situation gar nicht gebrauchen kann: Ich fegte mit lockerer Hand das Probenglas von der Theke, es fiel laut splitternd zwischen die kleinen Probenflaschen in der Kühlung. Peinlicher Moment, wurde aber sehr charmant von der hübschen Weinberaterin umspielt. Sowas kommt da möglicherweise öfter vor, die Rotweinbomben haben ja nicht selten Alkoholgrade von > 15%.




In Ruhe nachverkostet wurde dann oberhalb des Dorfes, es gibt unterhalb der Burgruine einen schön angelegten Kräutergarten mit Lehrpfad. Im Glas Domaine Paillère et Pied-Gû 2007.






Durchaus lohnend ist übrigens auch ein Besuch der Winzergenossenschaft in Cairanne. Da ist im Keller ein aufwändig gestalteter Parcours Sensoriel installiert, man kann fühlen und riechen etc. Gut gemacht mit allerlei Licheffekten, der Eintritt ist gratis.





Schöner Cairanne von den Genossen,
verkostet im Ferienhaus in Nyons


Montag, 25. Juli 2011

Tour des Vins 2011

Mein Toursieger: Les Calcinaires von Gauby
Das wars für dieses Jahr, eine schöne Zusammenfassung der Tour hier bei Spiegel Online (klick). Jetzt wird natürlich spekuliert, ob Evans ein "sauberer" und "würdiger" Sieger ist. Und auch die Dopingdiskussion hält an. Treibt es die Fahrer, erzwungen durch stärkere Kontrollen, zu eienem Verzicht auf unerlaubte Maßnahmen der Leistungssteigerung ? Zitat S.O.: "Wird weniger gedopt ? Es gibt Hinweise darauf. Wir sehen keine Prätorianergarde mehr, die Tag für Tag bis in den letzten Gipfel hinein für ihren Kapitän das Feld zermürbt. Im Ziel wirken die Athleten erschöpfter als vor Jahren..."
Eine differenzierte Haltung und Argumentation dazu hier von Peter Sloterdijk (klick): "...der Radsport ist auch hierin strukturell katholisch: ohne Heuchelei nicht überlebensfähig. Eine Reformation der Tour de France bleibt unvorstellbar, weil man dann lauter Ernüchterte auf die Piste schicken würde, das wäre der Natur des Ereignisses nicht gemäß. Die Tour ist einer der wenigen Mythen des 20. Jahrhunderts..."

In Deutschland ist natürlich der helle Funke der Tourbegeisterung längst erloschen, wer erinnert sich heute noch an die Ulrich - Jahre nach seinem Toursieg 1997, an die Duelle in den Folgejahren gegen Lance Armstrong. Das ist vorbei, die deutschen Fahrer sind Helfer, unermüdliche Rackerer wie Jens Voigt, Andreas Klöden, Linus Gerdemann. Das Nachwuchstalent Tony Martin ist leider eingebrochen, mit einer fulminanten Zeitfahrt kommt man nicht auf die vorderen Plätze, die Tour enscheidet sich am Berg.
ARD und ZDF klinken sich ja im nächsten Jahr komplett aus der Live-Berichterstattung aus, schade.

Priorat-Hammer und Weindeuter werden zumindest nicht nachlassen, deshalb auch im nächsten Jahr zur TdF 2012 wieder Wein-Genuß-Reise-Tour Berichte hier...

Sonntag, 24. Juli 2011

Schlußwort vom Priorat - Hammer: Paris

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen


Paris !
Ist für mich immer wieder eine Reise wert, man kann die Stadt wunderbar zu Fuß durchqueren, es wird nie langweilig oder uninteressant, ein kompaktes Zentrum voller sehenswerter Bauten und Plätze… Ob vom Gare du Nord zu Fuß zum Gare de Montparnasse oder vom Gare de Lyon zur Arc de Triomphe – Paris fordert zum Großstadtwandern regelrecht heraus…
Eine Radtour beendet habe ich hier noch nicht, aber eine begonnen. 1997 machte eine sehr gute Freundin ein Auslandssemester in Paris und hatte eine kleine Butze ganz in der Nähe des Jardin du Luxembourg. Ich konnte in diesem Jahr erst im November Urlaub nehmen und startete meine kleine Tour de France in Paris. Per Bahn erreichte ich die Stadt, es gab seinerzeit einen Zug von Strasbourg aus, der Räder mitnahm, nicht die direkte Anreise für mich, aber was will man machen… 
Einige Tage verlebte ich natürlich vor dem „scharfen“ Start in Paris, an einem Nachmittag fuhr ich mit Sabine hinaus zum Château und Bois de Vincennes, an dem die Radler auf dem heutigen Weg nach Paris auch durchgekommen sind.

Ansonsten sollte man auch als Radler in Paris einfach nur mitschwimmen, wenn man durch die oder aus der Stadt heraus will, man hat ja weder gesperrte Straßen noch Ampeln mit Dauergrün. Ein bissel Ortskenntnis zu Fuß ist schon erstmal von Vorteil, um die richtige Ausfallstrecke zu finden.
Für mich war es damals doppelt einfach – zunächst ist der Tour de Montparnasse fast immer zu sehen und dann hat man schon mal die richtige Richtung gen Porte d´ Orleans und zum zweiten gab es damals weit weniger Autobahnen und Schnellstraßen. Auch meine Strecke in Richtung Étampes, Pithiviers nach Orleans war damals von der Orientierung her problemlos als Radfahrer zu machen, heute wird die vierspurige Schnellstraße vielleicht für den Normalradler gesperrt sein und man muss viele Umwege über kleine Straßen in Kauf nehmen.
Klar war das mit dem Verkehr auch damals schon nervig, eigentlich hieß es nur immer zusehen, über die Ampeln zu kommen und dann Kopf runter und nicht nachdenken, bis man dann aus dem Großraum Paris raus ist. Komischerweise habe ich an das Stück bis Étampes auch gar keine Erinnerungen mehr. Andererseits muss ich auch eine Lanze für den französischen Autofahrer brechen, denn ich fühlte mich als Radfahrer selbst in dieser heiklen Gegend immer respektiert und wahrgenommen.
Damals ging es für mich über Orleans, dann die Loire aufwärts, später über das Beaujolais – Gebiet bis in die Weinberge der nördlichen Rhône und dann hinüber nach Voiron unterhalb des Chartreuse – Gebietes. Nach einem Zwischenstopp dort (auch hier machte ein guter Freund ein Auslandspraktikum) ging es dann über Bourg en Bresse, das Jura und im Doubs – Tal, weiter über Mulhouse wieder nach Deutschland zurück. Das Ganze als Einzel“zeit“fahren mit vielen schönen Zwischenstopps. Frankreich lädt halt nicht nur zum Durchrasen ein…

In diesem Sinne danke für das Lesen auch in diesem Jahr und auf eine neue Tour in 2012.



Etappe 21: CRETEIL - PARIS CHAMPS-ELYSEES 95 km


Cadel Evans in gelb, Andy Schleck (zum dritten Mal Zweiter) - ein Wunder war da gestern beim Zeitfahren in Grenoble nicht zu erwarten. Lustig, wie schnell der Australier während der Siegerehrung den kleinen Löwen liebgewonnen hatte und ihn vor Rührung und mit unterdrückten Tränen knuddelte. Heute gehts menschlich weiter, bei der Tour d´ Honneur durch Paris wird der Spitzenreiter ja nicht mehr attackiert. Stattdessen gibts ein Glas Schampus...




Die französische Hauptstadt ist für mich noch unbekanntes Terrain. Wenn ich hinfahre, nehme ich aber dann auf jeden Fall  Pierrick Jégus  Buch "Best Wine Bars & Shops of Paris" mit: "Fifty charming and notable cavistes". Her damit !

Mein Wein für heute ist natürlich auch ein Schäumer, allerdings nicht aus der Champagne, sondern aus südlicheren Gefilden. Er schlägt den Bogen zurück zur 15. Etappe, die ja in Limoux begann. Da wurde schon lange vor dem Siegeszug des Champagners der Blanquette de Limoux erzeugt, der "älteste Schaumwein der Welt (klick). Die Legende schreibt auch hier einem Mönch (des Benediktinerklosters Saint Hilaire) seine Entdeckung zu. Das aber schon im Jahr 1531, über 100 Jahre vor Dom Pérignon in der Champagne. Bei der immer noch verwendeten Méthode Ancestrale findet ausschließlich eine einzige Gärung des Grundweins statt. Der Most wird erst auf eine Temperatur von etwa 10 °C heruntergekühlt. Die alkoholische Gärung startet dadurch nicht sofort, sondern fünfzehn bis zwanzig Tage später und zieht sich über mehrere Wochen hin. Der Most wird aber nur soweit vergoren, dass er noch genügend Restzucker für die Gewinnung der Perlage enthält und dann ohne weiteren Zusatz von Zucker und Hefe in Flaschen gefüllt, in denen es dann munter weitergärt. Im Gegensatz dazu steht die Méthode Champenoise, die bei den französischen Crémants Anwendung findet. Da wird dem Grundwein ja nach der ersten abgeschlossenen Gärung wiederum Zucke und Hefe (Tirage) beigefügt und in der Flasche ein zweites Mal vergoren. Diese Methode ist in Limoux mit der AOC Crémant de Limoux erst seit 1990 offiziell zugelassen.

Ein solcher Cremant, also sozusagen die moderne Varainte ist der "Clos des Demoiselles" 2007Domaine J.Laurens Crémant de Limoux (Chardonnay, Chenin et Pinot Noir / 12 / 15€). Mittleres Gelb im Glas, expressive Nase, appetitmachend. Reife Birne, Milchbrötchen, geröstetes Toastbrot. Dichte feine Perlage. Ist in einem schön gereiften Zustand, mit noch genügend Trinkfrische. Kam in der Verkoster/innen - Runde etwas besser an als der ebenfalls geöffnete Tresor von Laduby.



Samstag, 23. Juli 2011

Etappe 20: Showdown in Grenoble

Schleck endlich in GELB. Vielleicht nur heute...

57 Sekunden liegt Andy Schleck nach dem gestrigen Ritt vor Cadel Evans. Und das nach insgesamt 3292 Km und 83 Stunden Gesamtfahrtzeit. Und jetzt entscheidet sich das Rennen heute bei einem Einzelzeitfahren, verrückt. Jeder fährt für sich gegen die Uhr, ein selektiver Kampf über 42,5 Kilometer durch und um Grenoble. So spannend war die Tour schon lange nicht.

Rundkurs in Grenoble
Grenoble, größte Hochgebirgsstadt der Alpen, für mich ein Durchgangsort. Meine Lieblingsroute in die Provence geht über Basel, durch die Schweiz und vorbei am Genfer See. Über die A41 kommt man dann  schnell über Annecy und Chambéry nach Grenoble. Nur zum durchfahren ist die Stadt wahrlich zu schade, im letzten Jahr wurde darum dort eine Etappenübernachtung eingelegt. Auffallend ist die enorme Studentendichte (4 Unis mit ges. 60.000 Student/innen !) und die hohe Zahl italienischer Lokale. Im 20. Jahrhundert erlebte die Stadt zwischen den zwei Weltkriegen eine massive italienische Einwanderung, vor allem ins Stadtviertel Saint-Laurent, das "quartier italien".



Es lohnt sich, mit der Seilbahn, den "bulles de grenoble", auf die Bastille hochzufahren. Der Blick nach Süden, vorne das Stadtpanorama, dahinter die Alpenkette, ist großartig. Für die weitere Route Richtung Süden muß man sich dann entscheiden. Hat man es eilig fährt man die N75 (Route Hannibal) über den Col de Croix Haute und ist dann (relativ) schnell in Sisteron, der "Pforte zur Provence". Oder man läßt es ruhiger angehen und nimmt die N85, die berühmte Route Napoleon. Die beginnt direkt in Vizille,  da wo die Fahrer heute auf ihrem Rundkurs ihre Kehre zurück nach Grenoble machen. Führen sie stattdessen die Route Napoleon müßten sie ziemlich antreten, direkt nach Vizille geht es steil hoch. Nach nur wenigen Kilometern wird man dann aber belohnt. Zwei kleine Seen liegen malerisch vor grandioser Alpenkulisse.

Weindeuter an der Route Napoleon kurz
hinter Grenoble am Lac de Petichet (2007).
Verkostet wurde ein roter Vin de Savoie aus der Rebsorte Gamay:
Erfrischender Genuß auf der Etappe in den Süden.
Auf der N 85 geht es dann alpin weiter mit spektakulären Blicken auf die auch im Sommer schneebedeckten Gipfel des Alpenhauptkamms. Allmählich wird es flacher und wärmer, Architektur und Vegetation ändern sich und irgendwann taucht ein Straßenschild auf: "Alpes-de-Haute-Provence". Dann ist man auch auf dieser Strecke kurz vor Sisteron, mit seinem spektakulären Felsdurchbruch der Durance. Von da sind es noch 180 Kilometer bis Nizza. Auf der Strecke liegen Lavendelfelder, Weinberge und einer der größten und tiefsten Schluchten Europas, der Grand Canyon du Verdon, 21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief. Allein das lohnt schon die Reise. Der Verdon fließt als grünes Band im Talgrund und mündet in den tükisfarbenen und erfrischenden Wassern des Lac de Sainte Croix.
Napoleon nutzte die Marschroute in umgekehrter Richtung. Von Elba kommend, landetet er am 1. März 1815 mit 1200 Mann an der französischen Küste und legte die 335 Kilometer über Grasse, Digne, Sisteron und Gap bis nach Grenoble in einem siebentägigen Gewaltmarsch zurück. Am 20. März 1815 zog er schon wieder als Kaiser in den Tuilerienpalast ein. Allerdings nur für hundert Tage, danach kam Waterloo. Die Geschichte endete bekanntlich auf St. Helena im Südatlantik.

Frühstück mit Schafherde an der Route Napoleon
irgendwo zwischen Grenoble und Gap (1990)

Auch der kleine rote Kadett war schon an der Route Napoleon.
Hier in Sisteron, der "Pforte zur Provence"

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen



Grenoble hab ich nur mal in einem kleinen Kurzaufenthalt Anfangs der 90er besichtigt, eigentlich ist nichts davon hängen geblieben. Wir waren auf dem Rückweg vom ersten Austausch in Aniane und machten mit dem Kleinbus vielleicht ein oder zwei Stunden halt im Zentrum.
Ich glaube, ich war damals hauptsächlich damit beschäftigt, die Hauptpost zu suchen und mich dort wegen der französischen Briefmarken anzustellen. Diese sammelte ich schon zu DDR-Zeiten fleißig – schließlich manifestierte sich darin meine Sehnsucht nach Frankreich.
Ich hatte mit 13 angefangen, die französischen Marken zu sammeln und viel Taschengeld dort rein investiert, dann 1985 oder 1986 entdeckte ich in Ungarn eine Frankreich - Landkarte, kaufte sie und musste mich an der DDR Grenze dafür verantworten. Mein einziges Glück war, dass die Karte in einem ungarischen Verlag erschienen war, sonst hätte man mir sie wohl nicht wiedergegeben.
Auf dieser Karte unterstrich ich dann alle Orte, von denen ich ein Marke hatte – mit Schössern, Burgen, Kathedralen oder sonstigen Ansichten drauf. Das war in meinen jungen Jahren meine Sehnsuchtskarte… Oft saß ich dann bereits als Student darüber und betete, dass ich hoffentlich schnell 65 Jahre alt werde, um endlich dort hin reisen zu können…
Glücklicherweise ging das dann doch wesentlich zeitiger los mit den Reisen nach Frankreich.

1994 habe ich dann zumindest von weitem noch einmal auf Grenoble blicken können. Es war während einer Radtour, die auch über die beiden Voralpenmassive Chartreuse und Vercors führte. Von Chambery aus führte unsere Route zunächst über den Col de Granier nach St. Pierre d´ Entremont, von wo aus wir einen Abstecher zum wunderschönen Felsenkessel Cirque de St. Même machten. Natürlich haben wir auch das berühmte Kloster Grande Chartreuse besucht und dem von dort stammenden, aber in Voiron produzierten Likör gehuldigt. Die grüne Chartreuse gehört seither zu meinen absoluten Favoriten unter den Spirituosen.


Vom hübschen Städtchen St. Laurent du Pont ging es dann über eine abenteuerlich enge kleine Straße über den Col de la Charmette (1277 m) und weiter runter bis St. Égrève, einer Nachbarstadt von Grenoble. Kurz vor Grenoble (wir wollten mit den Rädern allerdings nicht ins Getümmel der Großstadt) überquerten wir die Isere und bei Sassenage ging es für uns dann gleich wieder lange bergauf nach Villard de Lans. Das Vercors hatte uns vor allem mit seinen Schluchten begeistert.
Ein Bergeinzelzeitfahren Grenoble – Sassenage – Engins - Lans en Vercors (und meinetwegen dann wieder runter nach Grenoble) wäre sicher die härtere Herausforderung zur heutigen recht „billigen“ Etappe gewesen. Aber wahrscheinlich will man den Fahrern jetzt auch nicht mehr zu viel zumuten…
Wir sind damals jedenfalls ungedopt, dafür aber mit vollem Camping – Gepäck auch gut über diese und andere Berge gekommen.
Diese 1994er Rad-Tour startete damals in Nyon am Genfer See, führte über Gex (Col de la Faucille) – Seyssel – Chambery in den hier angesprochenen Abschnitt und danach weiter über St. Antoine l´ Abbaye – Hauterives – Andance – das Massif du Pilat – Vienne – Cremieu – Perouges – Villars les Dombes – Belleville – Villié Morgon – Tramayes – Cluny – Solutré Pouilly – Fuissé – Crêches s.Saône – durch die Bresse – Louhans –Sellières – Poligny – Arbois – Pontarlier bis nach Neuchâtel, wo uns dann die Bahn wieder nach Hause brachte. Diese Tour, die ja auch durch einige Weinbaugebiete führte, war eine der schönsten Radtouren, die ich in Frankreich machte. Glücklicherweise musste ich dafür nicht einmal Urlaub nehmen, denn auch das gehörte damals mit zum Job…

Freitag, 22. Juli 2011

Etappe 19 • MODANE > ALPE D’HUEZ • 109,5 km


Taktische und körperliche Meisterleistung von Andy Schleck: 60km vor dem Ziel angreifen, alle restlichen Stars stehenlassen und im Alleingang dann den Col du Galibier hochfahren. Zur Fahrt ins Gelbe hat es ja leider nicht ganz gereicht. Hier mal die aktuellen Zeiten der Topfahrer vor der heutigen Etappe.

1 VOECKLER, Thomas (EUROPCAR) 79h 34' 06"
2 SCHLECK, Andy (LEOPARD-TREK) + 00' 15"
3 SCHLECK, Frank (LEOPARD-TREK) + 01' 08"
4 EVANS, Cadel (BMC RACING) + 01' 12"
5 CUNEGO, Damiano (LAMPRE - ISD) + 03' 46"
6 BASSO, Ivan (LIQUIGAS-CANNONDALE)
7 CONTADOR VELASCO, Alberto (SAXO BANK SUNGARD) + 04' 44"
8 SANCHEZ GONZALEZ, Samuel (EUSKALTEL-EUSKADI) + 05' 20"

Andy Schleck "geht" am Galibier
Heute geht es nochmal über den Galibier, von der anderen Seite. Das ist eigentlich der längere und schwierigere Anstieg, man kurvt endlos hoch. Ich bin die Strecke im letzten Jahr mit dem Auto runtergefahren, es dauert lange, bis man unten im Tal der Arc angekommen ist.
Nach dem Galibier setzt dann der HC Anstieg rauf nach Alpe d ´Huez den Schlußakkord. Auf der sehr kurzen Etappe ist meiner Meinung nach alles möglich. Ausbrüche, sowie auch Einbrüche der Top-Leute. Erinnert sei nur an die schon gestern geschilderte Leidensfahrt von Jan Ulrich im Jahr 1998 auf einer sehr ähnlichen Strecke, statt nach Alpe d `Huez gings nebenan zur Bergankunft damals nach Les Deux Alpes.
Wir drücken hier alle dem Andy Schleck die Daumen, vielleicht kann er ja nochmal 2 Minuetn herausfahren. Dann könnte es morgen beim Zeitfahren in Grenoble gegen Cadel Evans vielleicht reichen für den Toursieg. Zumindest in Gelb wollen wir ihn heute sehen, möglicherweise die letzte Chance für diese Jahr...


Einen Wein zur Tour hab ich nicht, mal sehen, vielleicht öffne ich heute nachmittag was spritzig-erfrischendes, falls es was zu feiern gibt. Damit das Savoir-vivre hier aber nicht zu kurz kommt ein kleiner Schlenker. Im Tal der Arc, ein paar Kilometer westlich vom Einstieg in den Galibier, liegt in der Nähe von Saint-Jean-de-Maurienne der Geburtsort des Opinel Messers. 1890 konstruierte der achtzehnjährige Joseph Opinel die Urform des einfachen und robusten Klappmessers. Seitdem kaum verändert, ist es heute rund um den Erdball bekannt und in millionenfacher Stückzahl verbreitet. Insbesondere in Frankreich ist das Opinel ein absoluter Klassiker der Alltagskultur und eine Designikone. Hier die schön gemachte Homepage (klick). In St-Jean-de-Maurienne gibt es ein Musée de l ´Opinel und in einem Kreisverkehr eine perfekt gemachte Messerskulptur (Foto unten).
Provence 2008: Das Opinel im Einsatz
Weindeuter am und mit Messer in Saint-Jean-de-Maurienne
Sommer 2010




Donnerstag, 21. Juli 2011

Etappe 18: PINEROLO - GALIBIER SERRE-CHEVALIER 200,5 km


Tag der Entscheidung ? Zumindest der härteste Tag mit drei HC - Anstiegen. Und mit 2645 Höhenmetern die höchste Bergankunft in der Geschichte der Tour. Zwar wurde der Galibier schon des öfteren überquert, zum ersten Mal vor geanau 100 Jahren, Etappenziel war er aber bisher noch nie.
Der Galibier, das Monster: "Neben dem Galibier erblassen alle anderen - egal ob Col du Bayard oder Tourmalet - als kleine Hügel", schreibt Tour Gründer Henri Desgrange in seiner Zeitschrift "L’Auto" 1911.
Viele Jahre später, 1998, war der Galibier für Jan Ulrich der Anfang vom Ende: Zu Beginn der Etappe ist er noch mit über einer Minute Vorsprung Führender im Gesamtklassement. Bei Regenwetter dann der Einbruch und Marco "il pirata" Pantani zieht am Galibier an ihm vorbei. Beim Schlußanstieg nach Les Deux Alpes ist dann endgültig Schluß. Vom Hungerast gezeichnet, schleppt Ulle sich abgeschlagen mit einem Rückstand von 8:57 Minuten hinter Tagessieger Pantani hinauf ins Ziel. Pantani übernimmt das Gelbe Trikot und gewinnt die Tour ´98.


400.000 Menschen werden heute am Schlußanstieg erwartet, die Passstraße wurde für Autos bereits am Mittwoch gesperrt: Wg. Überfüllung geschlossen. Fällt dort heute die (Vor)entscheidung der Tour 2011 ? Evans muß nicht unbedingt und mit letzter Konsequenz attakieren, sondern nur seinen Zeitstatus halten. Falls Voeckler heute nicht mithalten kann, fällt ihm das Gelbe einfach zu. Contador würde es reichen, ein paar Sekunden gutzumachen und sich ansonsten auf das Zeitfahren am Samstag zu verlassen. Unter Druck stehen eigentlich nur die Schlecks. Die wollten ja als Doppelspitze die Rivalen abwechselnd mit Attacken zermürben. Bis jetzt haben die sich aber durch Unentschlossenheit eher selber neutralisiert: "Einer wird sich opfern müssen".

Auffahrt von Briancon zum Col du Lautaret.
Da ist es noch relativ flach...
Der Anstieg zum Galibier beginnt eigentlich direkt hinter der Festungsstadt Briancon. Ich bin die Stecke im letzten Jahr mit dem Auto gefahren. Durch das Tal der Serre-Chevalier geht es stetig bergauf, bis nach 30 Kilometern der Col du Lautaret auf 2059 M. erreicht ist. Da erinnern das ganze Jahr über große Metallrennräder an die Tour de France. Für Pflanzenfreunde wurde dort auch ein Jardin Alpin angelegt. Nach dem Abzweig zum Galibier geht es dann wirklich steil hoch, auf nur 8 Kilometern müssen knapp 600 Höhenmeter genommen werden. Bei herrlichem Wetter im letzten August waren da jede Menge Hobbyfahrer unterwegs. Oben dann ein irrer Weitblick, scharfgezackte Gipfel unter tiefblauem Himmel, am Horizont die weiße Kuppe des Montblanc. 

Weindeuter mit Rennrad


Auffahrt zur Paßhöhe: Schafe haben da heute keine Chance, da ist alles voller Menschen und Autos
Die Paßhöhe: Blick nach Norden, am Horizont der Montblanc