Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen
Besancon – Oyonnax
Besancon habe ich erstmals auch auf der 1990er Radtour besichtigt, das alte Zentrum, die Kathedrale, die Festungen, alles ist sehr hübsch anzuschauen, die Stadt hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, genau wie das Jura, in das ich seither immer sehr gern fahre.
Das Jura ist für mich eines der schönsten Urlaubsgebiete in Frankreich, ich habe dort unzählige Touren zu Fuß und auf dem Rad gemacht, später dann auch mit dem Kletterseil bzw. an den dortigen Klettersteigen. Ich mag die Küche und die Weine des Jura, beides muss man gemeinsam entdecken, vor allem auch, um die Weine wirklich schätzen zu können. Und es gibt jede Menge kulturelle und landschaftliche Schönheiten zu entdecken. Weil es sich sonst verzettelt, halte ich mich mit meinen Erinnerungen weitgehend an die Strecke und spare all die anderen entdeckenswerten Dinge aus.
Für einen nächsten Besuch in Besancon werde ich mir aber auch Micropolis vornehmen, die Erlebniswelt der kleinen Tiere, an denen heute vorbeigeradelt wird. Einen Teil der Strecke zu Beginn habe ich im November 1997 mit dem Fahrrad gemacht. Ich hatte damals Arc et Senans erstmalig besichtigt, die königlichen Salinen, an denen auch heute vorbei gefahren wird. Arc et Senans ist berühmt wegen seiner königlichen Saline, einer „industriellen Musterstadt“ aus dem 18. Jahrhundert. Heute natürlich Weltkulturerbe. Erst in diesem Jahr habe ich auf der Firafahrt erneut dort einen kleinen Halt eingelegt, Leo und ich machten dort unser erstes Mittagspicknick auf dem Weg ins Priorat. Man bekommt natürlich in diesem touristisch aufgepeppten Ort auch schon Juraweine, obwohl hier selbst noch kein Weinbau ist. Unter anderem die sehr gute Kooperative Fruitière Vinicole d´ Arbois hat hier einen Laden mit Verkostungsmöglichkeit.
Dann bin ich auf der Strecke von heute bis über den Doubs geradelt, nur eben entgegengesetzt, einen Teil davon im Dunkeln. Im November wird es eben zeitig duster und schönes Wetter zum Zelten war an diesem Tage auch nicht wirklich – ich hatte schon beschlossen, mir ein Zimmer zu nehmen und mir dafür Boussières ausgesucht, ein kleines Städtchen, durch das heute ebenfalls geradelt wird. Aber Fehlanzeige! Eine Kleinstadt bedeutet in Frankreich noch lange nicht, dass es Zimmer gibt. Schon gar nicht im November. In einer Gaststätte hatte ich gefragt und nach der Antwort, ich müsse bis Besancon weiter radeln, muss ich ziemlich ratlos geschaut haben. Meine zweite Frage nach einem Platz zum Zelten erntete ungläubige Blicke, aber ein Mann zahlte seine Zeche und bedeutete mir, ich solle mitkommen. Ich könne im Garten zelten. Als er das seiner Frau offerierte, dass er einen Gast mitgebracht hatte, gab es Geschimpftes – von wegen Zelten.... Es wurde ein Gästezimmer für mich hergerichtet und ich genoß einen wunderschönen Abend der Gastfreundschaft – ja, so sind sie, die Franzosen...
Den ersten Winzer an der Strecke, dem ich schon persönlich einen Besuch abgestattet habe, finden wir in Chissey sur Loue, ein wenig abseits des Zentrums des Juraweinbaus. Die Weine sind dafür sehr preiswert und Luc und Sylvie Boilley freuen sich sehr über jeden Besuch, dass jemand aus dem Ausland kommt, ist nicht so häufig. Aufmerksam wurde ich durch mehrere gute Kritiken im Guide Hachette, die Weine aber sind inzwischen alle längst getrunken. Es wäre Zeit für einen erneuten Besuch, wäre es nicht so abgelegen...
Bénédicte et Stéphane Tissot |
Zumindest habe ich es in diesem Jahr geschafft, auf dem Rückweg aus dem Priorat einen Stopp in Arbois zu machen. Eigentlich wollten wir über das Hochjura fahren, um dort einen Klettersteig an der Schweizer Grenze, die Todesleitern „Echelles du Mort“ zu machen. Aber der Regen verhinderte diesen Umweg. Stattdessen haben wir ausgiebig bei Stéphane Tissot verkosten können. Nun hat ja Thomas schon einen Wein von ihm hier vorgestellt. Mal sehen, was ich dann mache, wenn bei meiner Tour de France das Jura denn endlich auch weintechnisch dran ist. Ich hätte noch einen Wein, den es nur noch bei Stéphane im Laden gibt, einen 1989er Trousseau von Camille Loye. Die eigentlichen mitgenommenen Tissot-Weine sind mir eigentlich auch alle noch zu jung. Jurawein will reifen,das habe ich erfahren...
Seit meinem ersten Besuch in Arbois auf der 1993er Radtour komme ich nicht mehr vom Jurawein los, ich bin ihm quasi verfallen. Und hätte ich mich nicht entschieden, einen Prioratführer zu schreiben, so müßte ich einen Jura-Führer schreiben. Nur würde der sicher noch viel weniger gelesen werden, denn die Jura-Weine haben hierzulande den Nimbus des Exotischen und Schrägen. Wobei es mit den Jahren doch schon den einen oder anderen Freak gibt, mit dem ich mich auch in Deutschland über die Juraweine austauschen kann.
Bereits auf der Radtour 1993 besuchte ich erste Winzer hier, der allererste war übrigens Michel Gahier in Montigny les Arsures, noch bevor wir Arbois heimsuchten und dort gehörig „versackten“ - in Arbois wurden wir schon damals förmlich von den Rädern in die Verkostungskeller bzw. Räume gezerrt. Da störte es auch überhaupt nicht, dass wir „arme“ Radtouristen waren, denen man ja nicht mal eine Kiste verkaufen konnte. Dennoch, so manche Flasche wurde auf den Radtouren auch in Arbois zwischen die Wäsche in die Fahrradpacktaschen gesteckt und vieles gelangte so auch nach Deutschland und in meinen Keller und später in meinen Schlund...
1994 auf der Radtour hatten wir ausgiebig bei Henri Maire verkostet, dort wurde man damals an einen Tisch wie in einem Restaurant platziert und alle paar Minuten kam jemand mit einer neuen Flasche Wein, sagte kurz was dazu und stellte die Flasche auf dem Tisch ab. Das Verkosten lief dann in Selbstbedienung ab. Am Ende war unser Tisch voll mit Flaschen und auch der eine oder andere unserer Radelgruppe war nicht mehr wirklich nüchtern. Da wir dann Hunger bekamen, fielen wir hinterher bei einem Bäcker ein. Einer unserer Mitradler wollte dann auch so ein Pain aux Raisin, aber er vergaß jedesmal, bis er dran war, wie das gesprochen wurde und kam unverrichter Dinge wieder zu mir, damit ich es ihm noch mal sage. Nachdem er zum dritten Mal angestanden hatte, kam er mit einer Pizza in den Händen wieder raus.... Ach Arbois!!!
Aber auch abseits des Weines ist die Stadt sehr sehenswert und einer der absoluten Wohlfühlorte. Schon dieser Ort rechtfertigt einen Umweg. Auf der 1993er Radtour sind wir nach der Besichtigung von Arbois genau so gefahren, wie es heute die Radler tun. Vorbei an malerischen Naturschönheiten wie dem Reculée des Planches und kurz darauf am Cirque du Fer à Cheval geht es bergan auf das erste Plateau. Diese malerischen Felstäler, die Reculées, sind dabei typisch für die unterste Stufe des Gebirges, schroffe Kalksteinfelsen begeistern Naturfreunde und Kletterer. Am berühmtesten ist dabei sicher der Cirque des Baumes über dessen Eingang sich auch der berühmteste Weinort des Jura Château Châlon befindet. Leider wird die Tour nicht hier lang geführt, es wäre auch spannend gewesen. Man hätte bei Château Châlon auch eine kleine Bergwertung fahren können, oder auch bei Grandes de Baume, wie wir es einst taten.
Ländliches Frankreich: Reculée des Planches |
Aber auch die Straße nach Montrond, die wir 1993 radelten, ist wunderschön und man kann dann auch oben auf dem ersten Plateau bleiben, wie es die Radler heute tun. Nach Crotenay und weiter am Lac de Chalain vorbei geht es heute. Diese beiden Orte entdeckte ich während eines Wanderurlaubes nach Weihnachten 2000, wir hatten uns bis kurz vorm Dreikönigstag hier ein Chambre d´Hôte oberhalb von Baume les Messieurs genommen und einmal mehr das schöne Jura entdeckt.
Später dann kommen sie nach Clairvaus les Lacs, welches ich auf meiner Tour 2010 entdeckte, von der ich schon kurz in den Vogesenetappen sprach. Dazu geht es hier auch in diesem Blogpost (klick).
Schlußendlich bin ich die Strecke bei Belleydoux bis Miribel auch gefahren, als ich 2011 in Richtung der Alpen unterwegs war. Aber da war es nur ein Durchfahren ohne Halt für uns. Wie sicher auch heute für die Radler, die sich ja leider weder Comté–Käse noch Jura–Wein während der Etappe gönnen. Vielleicht später, so wie ich mir jetzt endlich den Tourchampagner gegönnt habe.
Und den habe ich sowohl auf die deutschen Toursieger wie auch auf unsere Fußballer getrunken:
Ein 1999er Brut Coeur de Terroir Premier Cru von Doquet – Jeanmaire aus Vertus, einem meiner Lieblingschampagnerwinzer. Das noble Getränk glänzte besonders durch seine schöne Länge am Gaumen, Brioche, Apfel und ein paar Haselnüsse. Ein wunderbarer und vor allem bezahlbarer Champagner, der sein Geld mehr als wert ist (94/100 Th. Exzellenter Wein). Vorzüglich passten dazu in Creme Fraiche und süßem Senf geschmorte Gurken mit Rindsgehacktem.
Nachdem ich damit weintechnisch den Tourchampagner abgehakt habe, kann ich mich heute einem Elsäßer Wein widmen. Der Jurawein muss bei mir noch warten...
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