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Sonntag, 24. Juli 2011

Etappe 21: CRETEIL - PARIS CHAMPS-ELYSEES 95 km


Cadel Evans in gelb, Andy Schleck (zum dritten Mal Zweiter) - ein Wunder war da gestern beim Zeitfahren in Grenoble nicht zu erwarten. Lustig, wie schnell der Australier während der Siegerehrung den kleinen Löwen liebgewonnen hatte und ihn vor Rührung und mit unterdrückten Tränen knuddelte. Heute gehts menschlich weiter, bei der Tour d´ Honneur durch Paris wird der Spitzenreiter ja nicht mehr attackiert. Stattdessen gibts ein Glas Schampus...




Die französische Hauptstadt ist für mich noch unbekanntes Terrain. Wenn ich hinfahre, nehme ich aber dann auf jeden Fall  Pierrick Jégus  Buch "Best Wine Bars & Shops of Paris" mit: "Fifty charming and notable cavistes". Her damit !

Mein Wein für heute ist natürlich auch ein Schäumer, allerdings nicht aus der Champagne, sondern aus südlicheren Gefilden. Er schlägt den Bogen zurück zur 15. Etappe, die ja in Limoux begann. Da wurde schon lange vor dem Siegeszug des Champagners der Blanquette de Limoux erzeugt, der "älteste Schaumwein der Welt (klick). Die Legende schreibt auch hier einem Mönch (des Benediktinerklosters Saint Hilaire) seine Entdeckung zu. Das aber schon im Jahr 1531, über 100 Jahre vor Dom Pérignon in der Champagne. Bei der immer noch verwendeten Méthode Ancestrale findet ausschließlich eine einzige Gärung des Grundweins statt. Der Most wird erst auf eine Temperatur von etwa 10 °C heruntergekühlt. Die alkoholische Gärung startet dadurch nicht sofort, sondern fünfzehn bis zwanzig Tage später und zieht sich über mehrere Wochen hin. Der Most wird aber nur soweit vergoren, dass er noch genügend Restzucker für die Gewinnung der Perlage enthält und dann ohne weiteren Zusatz von Zucker und Hefe in Flaschen gefüllt, in denen es dann munter weitergärt. Im Gegensatz dazu steht die Méthode Champenoise, die bei den französischen Crémants Anwendung findet. Da wird dem Grundwein ja nach der ersten abgeschlossenen Gärung wiederum Zucke und Hefe (Tirage) beigefügt und in der Flasche ein zweites Mal vergoren. Diese Methode ist in Limoux mit der AOC Crémant de Limoux erst seit 1990 offiziell zugelassen.

Ein solcher Cremant, also sozusagen die moderne Varainte ist der "Clos des Demoiselles" 2007Domaine J.Laurens Crémant de Limoux (Chardonnay, Chenin et Pinot Noir / 12 / 15€). Mittleres Gelb im Glas, expressive Nase, appetitmachend. Reife Birne, Milchbrötchen, geröstetes Toastbrot. Dichte feine Perlage. Ist in einem schön gereiften Zustand, mit noch genügend Trinkfrische. Kam in der Verkoster/innen - Runde etwas besser an als der ebenfalls geöffnete Tresor von Laduby.



Montag, 18. Juli 2011

Durchs Midi: Roussillon und Languedoc

Heute ist Ruhetag, endlich. Da ist mal Zeit, die Eindrücke der vergangenen Tage zu sammeln. Ich finde die Tour in diesem Jahr spannend. Schon einige Bergetappen, Bergankünfte etc., und es gibt noch gar keinen eindeutigen Favoriten. Die Kandidaten belauern sich, das konnte man schön sehen am Aufstieg auf das Plateau de Beille. Die Schlecks, egal ob Frank oder Andy, müssen aber in den Alpen ran und da einen deutlichen Vorsprung vor Evans und Contador rausfahren. Die sind nämlich beide gute Zeitfahrer und könnten am Samstag in Grenoble trumpfen. Und was ist mit dem großartigen Thomas Veockler ? Der kommt zwar mit, scheint mir aber am Limit zu fahren. Aber wer weiß, Armstrong hat ihm ja angeblich einen Podiumsplatz getwittert...

Roter Kadett vor 20 Jahren, unermüdlich drehte er seine (letzte) große Schleife durch die Weingebiete des Midi 
Die Strecke von den Pyrenäen raus durch das Roussillon und durchs Languedoc bin ich auch schon in unterschiedlichen Richtungen gefahren, allerdings mit Autos, auch mit dem alten roten Kadett, der in Lourdes durch Heiliges Wasser den Segen der Gottesmutter empfangen hatte (klick hier). Die Weine zu Füßen der Pyrenäen in Richtung Mittelmeer sind eine Klasse für sich. Unter dem Dach der  AOC Roussillon werkeln  Genossenschaften, aber auch eine Riege von sehr individuell-handwerklich arbeitenden Weintüftlern. Immer wieder auch Neueinsteiger, wie die erst kürzlich beim Weindeuter vorgestellte Domaine des Enfant (klick) mit absolut ausgereizten Qualitäten. Ein Qualitätspionier und immer noch Schrittmacher für die Weine des Roussillon weltweit ist Gérard Gauby in Calce. Nach allem, was über ihn zu erfahren ist, ist Gauby kein Routinewinzer, sondern ein Suchender, ein Experimentator. Er hat komplett auf biodynamischen Anbau umgestellt. Die Aromatik seiner Weine geht seit einigen Jahren weg von Überkonzentration, Holz, und süßem Schmelz. Was steht stattdessen auf der Geschmacksagenda ?

Hier wachsen sie, die Grenache-Reben von Gauby.
Im Hintergrund der Pic du Canigou
  • Les Calcinaires 2009 Domaine Gauby (Grenache, Carignan, Mourvedre, Syrah /13,5% / ) Gauby macht nur drei Rote, das Flagschiff Muntada, den Vieilles Vignes und als Einstiegsroten den Les Calcinaires. Wobei Einstieg hier knapp 14€ bedeutet, was z.Bsp. bei Pierre Clavel schon mit dem Copa Santa die Spitze markiert. Der Wein ist von großer Tiefe und Dichte. Schon farblich völlig undurchdringlich, tiefe dunkle Tinte. Die Nase ist voll dunkler Frucht, dazu deutlich frisch gemahlener schwarzer Pfeffer. Sehr pur, kein Rauch, kein Toast, keine lockendes Vanilleschoko. Im Mund kommt er zunächst fast schmeichelnd, täuscht etwas Süße an,  um aber dann doch einen pikant - herben Akzent zu setzen. Ist zwar etwas abgedroschen, aber er ist ein bißchen die Faust im Samthandschuh. Im Abgang schöne lange Zartbitternote. Am zweiten Tag dann etwas Uhu, nicht der Vogel, sondern der Kleber. Was nach dem Schwenken des Glases aber immer wieder verfliegt, dann aber wiederkommt. Dazu dann auch was speckiges, animalisches. Ein Weincharakterkopf, der macht, was er will. Speziell. Ein Top-Wein, den man in 10 Jahren nochmal pobieren sollte.

Wächst aus dem Fels: Katharerburg Peyrepertuse
Vom Roussillon gehts es vorbei an den Kartharerburgen ins nördlich gelegene Corbieres. Wildromantisch, dünnbesiedelt, Heimat der Wildschweine, die sich in der heißen Strauchheide tummeln. Auch dort jede Menge interessante, individuelle Winzer. Am Nordrand der Corbieres, von Limoux aus startete gestern die Etappe. Der Ort ist ein Nest für Weißwein, auch schäumenden Crémant de Limoux, hauptsächlich bereitet aus Chardonnay. Die Radroute schlängelte sich dann weiter durch viele weitere Weinbauzonen des Languedoc. Gequert wurden, immer in nordöstlicher Richtung, zunächst das Minervois (bekannte Winzer hier z.Bsp. die Chabberts (Clos de l´ Escandil), dann St.Chinian ( z.Bsp. Domaine Guy Moulinier) und schließlich Faugeres (Jean-Michel Alquier).

Weinurlaub 2005: Weindeuter-Verkostung im Minervois


Es folgt dann die weite hügelige Zone bis Montpellier, überall Reben, soweit das Auge reicht. Am nördlichen Rand der Küstenebene, an den Ausläufern der Cevennen, liegen die Côteaux du Languedoc. Überall agieren hier qualitätshungrige Winzer, Alteingesessene wie Aime Guibert mit seinem Daumas Gassac, Quereinsteiger, Newcomer. Bekannte Qualitätsnester sind hier u.a. Montpeyroux, Aniane und Jonquières. Ein Name ist prägend geworden für die Region: Olivier Jullien. Mit sein Mas Jullien Weinen hat er ähnliche Schrittmacherfunktion wie Gauby im Roussillon. 
  • Les Etats d ´Amme (Grenache, Cinsault, Syrah, Carignan / 14% / 18€) Ebenfalls sein roter Einsteiger, ebenfalls schon in der gehobenen Preisklasse, übersetzt die "Seelenzustände". Einen Tick heller als der Gauby, aber immer noch tiefrot. In der Nase zunächst ein Stinker, da wurde was Lebendiges aus der Flasche gelassen, quasi ein "Weinfurz". Dann ebenfalls viel dunkelwürizge Frucht. Im Mund reiten die Seelenzustände Attacke, eher im Zustand der Manie. Überhaupt kein fruchtweicher Kuschler, der sich anschmiegt und verwöhnt. Lakritz, Tannin, fordernde Aromatik. Braucht Zeit... 


Zwei Klassiker aus dem Süden im Direktvergleich: Gauby und Jullien
Ich sah den Gauby etwas weiter vorne...


Zum gleichen Komplex auch hier der Priorat-Hammer (klick)

Montag, 19. Juli 2010

Torstens Genusskommentar: Pamiers – Bagnères-de-Luchon

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Erneut starten die Fahrer im Land der Katharer. In Pamiers wohnte die Vollendete Esclarmonde von Foix. Sie hatte nach dem Tode Ihres Mannes all ihre Besitzungen verkauft und das Geld für ihre Arbeit als Vollendete und eine katharische Begegnungsstätte verwendet. 
Unter den Katharern hoch angesehen und geachtet, wurde sie beim Rededuell zwischen Katharern und Katholiken von diesen zurechtgewiesen, sie solle ihre Spindel drehen, statt Reden zu führen… 
1209 musste sie aus Pamiers vor den Kreuzrittern flüchten und kam wahrscheinlich auf ihrer Flucht um.

Die Profis heute haben sicher keine Kreuzritter im Nacken, vor denen sie flüchten müssen, aber vielleicht versuchen einige dennoch Fluchtattacken über die anstehenden Berge… 
Von der heutigen Streckenführung kenne ich persönlich (fast) nichts – zu sehr habe ich bislang in diesem Pyrenäenabschnitt den Verlockungen der andorranischen Bergwelt und einigen dortigen Highlights auf spanischer Seite nicht widerstehen können. Aber heute geht es nicht um Klettersteig- und Wandertipps in den Pyrenäen, auch nicht um die Aktivsportgebiete in Spanien… Andorra und Spanien werden in diesem Jahr außen vor gelassen.

Neben dem Start- und dem Zielort, welche ich nur vom Durchfahren kenne, bin ich nur durch Fronsac des Öfteren gekommen, denn das liegt an der Straße zum Tunnel von Vielha und gehört für mich inzwischen zu den Standardrouten auf dem Weg von Deutschland ins Priorat bzw. retour. Ich fahre inzwischen seltener über Andorra, weil mich das Schlange stehen an der Grenze nervt und so viel teurer ist der Sprit in Spanien dann auch nicht mehr, wenn man z.B. nach BonArea´s schaut. 
Das Fronsac der Pyrenäen sollte allerdings nicht mit der gleichnamigen AOC aus dem Bordelais verwechselt werden. Apropos Wein, einen tatsächlich an der Strecken liegenden Weinbau gibt es nicht, etwas nördlich des Startortes gibt es allerdings zwischen Toulouse und Montauban einige kleine AOC Weinbaugebiete, von denen Fronton das Bekannteste sein dürfte. Da sind wir wieder in Südwestfrankreich mit seinen autochthonen Rebsorten, wie z.B. Negrette in Fronton. 
Ansonsten gibt es nur Landweine ringsum. Was nichts Schlechtes sein muss, wie mein Wein der Etappe morgen sicher beweist…

Heute habe ich zur Erinnerung an die Katharer einen Maury aufgemacht. Von Maury schaut man direkt hoch auf die Katharerburg Queribus… Maury´s werden aus Grenache gemacht und sind wie Rivesaltes und Banyuls abgestoppte Vin Doux Naturel. Im Grunde genommen am ehesten mit Port vergleichbar, nur nicht so teuer und auch „leichter“ – sie kommen meist mit 15 bis 18° Alkohol aus. Es gibt in Maury generell zwei Typen, den Vintage-Typ, der in der Regel der fruchtbetontere ist und der klassische, dessen Wein oft 1 Jahr lang in Glasballons dem Wetter ausgesetzt wird. Mas Amiel hat einen wunderschönes Feld mit diesen Glasballons, die halb in der Erde eingegraben sind, bei La Coume du Roy stehen diese auf dem Flachdach. Danach reifen die Weine noch lange, manchmal Jahrzehntelang in alten Fässern. Sie erhalten dann eine immer größere Aromenvielfalt und Oft aber auch Finesse und können Minuten, ja Stunden lang nachhallen.

Bei einem Besuch der Domaine de la Coume du Roy hatte ich als quasi alter Stammkunde die Chance, die wirklich alten Jahrgänge verkosten zu dürfen. Der 1880er blieb so lange am Gaumen, dass ich noch drei, vier Stunden später nicht essen, ja nicht einmal Wasser trinken wollte. Diese eindrückliche Verkostung führte dazu, dass ich mir eine Flasche des ältesten verkäuflichen Weines hinlegte – den 1925er, den ich 2025 gern öffnen möchte. Auch diesen durfte ich inzwischen mehrfach probieren. Heute aber ist der 1996er offen, der inzwischen auch nicht mehr ganz so günstig nachkaufbar ist, aber der selbst die mehr als 30 €, die er heute kostet, wert ist. 
  • Domaine de la Coume du Roy; Maury; 1996 rot-süß;  Undurchsichtiges, sehr schlammiges braunrot, man kann praktisch nicht hindurch schauen. Der Wein hat ein immenses schlammiges Depot, gefiltert wird hier nichts! Aber dafür bietet selbst der relativ junge 1996er bereits ein kleines Aromenfeuerwerk in der Nase und erst recht am Gaumen. Es ist ein Wein, den man bereits zum Frühstückskaffee genießen kann (wunderbare Kombi mit starkem türkisch aufgebrühten Kaffee!), als Solisten oder als Begleiter eines kompletten Menüs, z.B. Fruchtsuppe aus Waldfrüchten, Ente mit Kirschen in Maury,  Roquefort, Schwarzwälder Kirschtorte und Bitterschokolade zum besagten Kaffee.
    Dazu sollte man wie ich dann schon eine normale 0,75 l Flasche wählen, die 0,5 l ist dann definitiv zu wenig, zumal immer wieder die Gefahr des Naschens besteht. Er ist zwar enorm süß, aber zugleich durch eine mächtige Wand feiner Tannine ist die Süße gut gepuffert. Der Wein fängt bei zimtigem Pflaumenmus an, bläst dann voll ins Fass mit ungesüßtem Kakaopulver, bringt dann Geleepralinen mit Bitterschokolade ins Spiel und endet mit Mokkaaromen und kaltem Zigarrenduft  Große 95+/100 Th. für die Ewigkeit gemacht…
    Meine Flasche entstammte einer ersten Abfüllung im Jahre 2002 und kostete in diesem Stadium knapp über 10 €. Und meine Geduld.
Auch so wird im Roussillon der Vin Doux Naturel ausgebaut:
Gefüllte Glasballons unter freiem Himmel bei Mas Amiel.
Fotoquelle:
Roberts Fine Wines Blog


15.Etappe:


Jetzt folgen noch drei Tage in den Pyrenäen, dreimal Gelegenheit für das Schleck/Contador Duell. Hoffentlich mit etwas mehr "Schmackes" als gestern. Der Wein zur Etappe kommt heute noch vom Mittelmeer, von dem sich die Tour schon ein ganzes Stück westwärts entfernt hat. Es ist einer der Klassiker des Roussillon, ein Banyuls.

Banyuls Cornet & Cie. Cave de l ´Abeé Rous 2004 Bereitet aus spätgelesener Grenache Noir, von selektierten Schieferhängen, die terassenförmig zum Meer hin ausgerichtet sind. Die Gärung des Mostes wird durch Zugabe von Alkohol gestoppt (Mutage), der Wein wird also "aufgespritet", wie es im deutschen unelegant gennannt wird. Die Reifung erfolgt dann in Eichenfässern. Heraus kommt ein sehr reichaltiger und intensiver Wein mit 16,5% Alc. und komplexen Duft- und Geschmacksnoten. Trockenfrüchte, Kaffe, Vanille, eingekochte Feigen - all das findet man darin. Die Trinktemperaturempfehlung liegt zwischen 14 - 16 Grad, hält man sich dran, tritt der Alkohol geschmacklich gar nicht so in den Vordergrund. Man kann so einen Banyuls dann auch gut als Apero genießen. Oder natürlich als Dessertwein, zu Schokolade oder Edelschimmelkäsen.

Sonntag, 18. Juli 2010

Torstens Genusskommentar: Revel – Ax 3 Domaines

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Die heutige Etappe ist wieder aus kultureller und geschichtlicher Sicht äußerst interessant, wir bleiben noch bei den im Bastiden Stil erbauten Ortschaften, aber die Strecke führt auch durch das Land der Katharer. Die Katharer glaubten (stark vereinfacht), dass das irdische Leben schon die vorweggenommene Hölle sein kann und wer gut nach urchristlichem Glauben lebt, der käme dann bei seinem Tode ins Paradies. Sie waren gegen Prunk und Protz und Anhäufung von Reichtümern in den Gebetsstätten und gegen das Leben, welches die Kirchenoberen schon damals führten. Ihr gelebter Glaube brachte ihnen viel Anerkennung beim einfachen Volk ein, die Mächtigen der katholischen Kirche erklärten sie jedoch aus diesen Gründen zu Ketzern und ließen einen wahren Völkermord veranstalten. An einigen dieser brutalen und grausamen Orte, an denen die Katholiken damals so schlimm wüteten wie wir es aus neuerer eigener Geschichte kennen, fahren wir heute hautnah vorbei. Die prunkvollen katholischen Kirchen hier selbst in kleinen Orten sind Zeichen des Sieges der Katholiken, die zerstörten Katharerburgruinen erinnern an die Schuld, die der Katholizismus durch Folter und Völkermord in dieser Gegend für immer auf sich lud. 
Das Inquisitionshandbuch des Dominikanermönchs Bernard Gui (1260/61 – 1331) ist die detaillierte Anleitung zum Foltern und zum Umgang mit Ketzern und sicher eines der unseligsten Sach-Bücher, die je geschrieben wurden – und immer wieder nahmen es sich Völkermörder und Geheimdienstler dieser Welt seither als Lehrbuch. Das Blut für die Feder dieses Buches stammt aus dieser Gegend zwischen Toulouse und Carcassonne… 
Bereits kurz hinter dem Startort Revel wurden in Les Casses (ca. 10 km von der Strecke entfernt) etwa 60 Katharer auf dem Scheiterhaufen in Mai 1211 gemeinsam verbrannt. Die Steinstatue eines betenden anstelle eines gekreuzigten Christus erinnert an den Glauben der Katharer. 
Das hübsche Castelnaudary wurde in den Katharerkreuzzügen von den Truppen der Herzöge bzw. Grafen von Foix und Toulouse 1211 acht Monate lang ergebnislos belagert. Die Kreuzritter von Simon de Montfort waren zu sehr überlegen. 
Heute ist der quirlige Ort, bei dem der Canal de Midi überquert wird, vor allem wegen seines Cassoulets berühmt. Auch wenn mir die echten Zutaten für das Cassoulet von Castelnaudary fehlen, so werde ich dennoch heute ein Cassoulet zubereiten, um die Etappe damit zu ehren. 
Das wunderschöne Mirepoix, einer der vielleicht schönsten Orte, durch die die Tour in diesem Jahr führt, war einst eine Hochburg der Katharer, in der es etwa 50 Häuser gab, in denen „Vollendete“ lebten. Während der Kreuzzüge wechselten sich mehrfach die Herrschenden ab.1317 hatte die katholische Kirche endgültig die Oberherrschaft gewonnen und errichtete zum Zeichen ihrer Macht die heutige Kathedrale. 
Bis Aigues Vives habe ich die Strecke vom Startort so abgefahren, wo die Profis zum Lac de Montbel abbiegen, bin ich tiefer ins Gebirge, meine Ziele waren die Besteigung des 2388 m hohen Pic de Saint Barthelemy (der heilige Berg der Katharer),die Gorges de la Frau, die Quelle von Fontestorbes und natürlich die Katharerruine Montsegur
Auch Chalabre war ein Ort grausamer Kämpfe der katholischen Kreuzritter gegen die Bewohner des Languedoc, nahe der Tourstrecke befindet sich mit Puivert eine der wichtigen Katharerburgen, die ich mir auf genannter Tour natürlich ebenfalls ansah. Doch dazu haben die Profis weder Zeit, noch das Kleingeld  für das Eintrittsticket in der Rennhose. 
Bei Espéraza trifft dann die Tourstrecke wieder auf eine von mir häufig und gern befahrene Strecke. Gegenüber auf hohem Felsen befindet sich einer der wohl mythischsten Orte Frankreichs: Rennes – le Château. Ob man sich nur den traumhaften Ort mit seinem eigenartigen Taufbecken, welches von einer Art Teufel, dem Dämon Asmodi gehalten wird, ansieht oder mit Spitzhacke und Schatzkarte zu den Tausenden gehört, die nach den Schätzen graben, die der seltsame Pfarrer Saunière dort gefunden haben will und der ihn zugrunde richtete, der Ort zieht jeden auf unterschiedliche magische Art an. Auch die hier zu findenden Burgruinen sind Zeitzeugen der Katharerepoche.
Landschaftlich besonders reizvoll wird die Strecke dann zwischen Quillan und Axat beim Engpass Defile de Pierre Lys und dem Loch des Pfarrers (Trou du Curé). Dieser Tunnel, durch den heute die Profis fahren wurde 1887 vollendet und ist nur mit Spitzhacke und Schaufel entstanden.

Auch hinter Axat bleibt es durch weitere Engpässe in der oberen Schlucht  der Aude landschaftlich sehr reizvoll. Die Radler biegen dann zum Port de Pailhères ab, während ich diese Strecke gern weiter nehme, um auf das Plateau der Cerdagne und von dort aus nach Spanien zu kommen. Aber auch das Ariege-Tal mit dem heutigen Ziel in Ax-les-Thermes nehme ich gern, hier geht es über Andorra nach Spanien. Diesen Weg nahm ich bereits in beide Richtungen auch per Rad auf mich. 1991 hatte ich bei der Überquerung des Passes in Andorra im August nur 6° und Regen, auch die rasante Abfahrt nach Ax machte es nicht besser, aber dann der Kaffee mit Rosinenschnecke im heißen römischen Thermalbecken brachte mich wieder auf Normaltemperatur. Seither gehört das Fußbad mit Kaffee zu einem üblichen Ritual, wenn ich durch Ax komme…

Meine beiden Etappenweine stammen aus dem Aude-Tal, besser gesagt aus Limoux. Die AOC´s dort gehören weintechnisch ins Languedoc und sind lange Zeit den Weißweinen vorbehalten gewesen. Blanquette de Limoux und Blanquette Méthode Ancestrale sind ähnlich geartete Schaumweine, wie wir sie bereits bei der Etappe hatten, die durch Die führte. Der Cremant de Limoux ist natürlich eine weitere Schaumweinappellation, die sich in ihrer Art der Herstellung am in der Champagne üblichen Verfahren orientiert. Und sogar hinsichtlich der Traubensorte Chardonnay. Deren Stillweine tragen die AOC Limoux und sind seit langem berühmt. Chardonnay, Chenin und Mauzac sind die erlaubten Rebsorten. 
Aber natürlich gibt es auch wunderbare Rotweine, seit 2004 dürfen auch sie die AOC Limoux tragen. – auch die Mouton Rothschild Mutter erzieht dort neuerdings Kinder, der Rotwein Domaine de Baron d´Arques ist bereits in der Preiskategorie 30-38 € / Flasche angesiedelt (Adel verpflichtet), meine beiden Flaschen für heute sind nur etwas mehr als halb so teuer gewesen (zusammen!) und stammen noch aus der Zeit, wo sich Rotweine hier prinzipiell nur als Landweine  bezeichnen durften.

Über den Erzeuger, die Kooperative Aimery – Sieur d´ Arques, eine der innovativsten und besten in ganz Frankreich ist schon so viel geschrieben worden, dass ich nicht alles wieder aufwärmen möchte, sondern lediglich die beiden Weine empfehlen möchte, denen mehr als 5 Jahre lange Lagerung sich gelohnt hat, beide habe ich neben etlichen weiteren 2003 direkt vor Ort im Laden der Kooperative, wo man sehr freundlich empfangen wird und sehr großzügig probieren kann., gekauft.
  • Les Caves du Sieur d´ Arques; Vicomte Edmond H. de Coussergue; Sélection Pinot Noir; Vin de Pays de la Haute Vallée de l´ Aude; 2000 rot; Wo Chardonnay so gut gedeiht, muss man auch aus Pinot Noir was Anständiges machen können, dachten sich die Mönche und auch die Genossen und hatten Recht damit. Leicht gereiftes Pinot-Rot, warm duftend und finessebetont, eigentlich überhaupt nicht ans Languedoc erinnernd. Am Gaumen recht zart und harmonisch, ein eleganter Pinot mit einer leichten Kalksteinnote und reifer Frucht – Johannisbeere und eingekochte Kirschen mit viel Saft. Ein schlanker, weiblicher Wein, der sehr gut zu trinken ist – sehr gute 91/100 Th. – mit nur 12,5° Alkohol oft weniger als aus Burgund stammende Pinots, mit deren durchschnittlichen 1er Crus könnte er durchaus mithalten…
  • Les Caves du Sieur d´ Arques; Roi de Mari; Sélection Merlot; Vin de Pays d´ Oc; 2000 rot; Der Wein erinnert an ein 1933 durch Ausgrabungen hier gefundenes Dorf, welches ca. 3000 Jahre als ist und Zirilim, dem König von Mari gehörte. Eine wohl für die damalige Zeit außergewöhnliche Zivilisation in dieser Gegend. Und auch dieser Merlot ist außergewöhnlich – fülliger als der Pinot mit weicher Merlotfrucht, leicht körnigem Tannin und recht voll, fast schwer am Gaumen. Konzentrat einer Pflaumenbowle, röstige Aromen, Backpflaume – für sein Alter überraschend präsent und von sehr schöner Nachhaltigkeit. Durchaus nobel. Exzellente 93/100 Th. für die Flasche Nr. 9684.

Ein Maury, der an die Katharer erinnern soll, wird auf eine der späteren Pyrenäenetappen verschoben…

Château de Puivert 

14. Etappe: Roussillon


Jetzt wirds steil, eine Bergankunft und vorher mal so eben einen HC auf dem Sattel fressen. Da gibt es Attacken, da wird es spannend, so wie ja in den letzten Tagen auch schon. Kann Schleck es packen ? Ich würds dem Luxemburger gönnen.
Bevor es zum Anstieg in die Pyrenäen geht werden die Weine des Minervois und des Corbieres knapp gestreift, beides wildromantische Hügellandschaften voller Wildschweine. Im alten Katharerland wachsen die Reste der Festungen Queribus und Peyrepertuse aus dem weißen Fels, die Zinnen von Carcasonne leuchten. Dort im Tal der Aude und an der Küste um Perpignan und Banyuls entstehen originelle Gewächse. Offen waren zwei Flaschen, die "kleinere" kommt heute, der süße Banyuls morgen.