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Dienstag, 29. Juli 2014

14. Depesche: Tour d´Honneur

Die Tour de France 2014 ist Geschichte, 21 Etappen über eine Distanz von 3664 Kilometern wurden bewältigt. Vincenzo Nibali, der Hai von Messina, dominierte in der Gesamtwertung unangefochten, nachdem Alberto Contador und Vorjahressieger Christopher Froome schon früh aussteigen mußten. Dadurch fehlten in diesem Jahr leider die Gladiatorenkämpfe in den Bergen.

 
Marcel Kittel setzte sich am Sonntag auf den Champs-Elysées im Schlußsprint durch und gewann die Etappe. Bester Deutscher im Gesamtklassement ist Tony Martin auf Platz 47.
Zum fünften Mal wurde La Grande Boucle hier virtuell mit Notizen zu Sport, Wein, Genuß und Reise vom Priorat-Hammer und vom Weindeuter begleitet. Auch 2014 konnte Tour des Vins eine Klickrate auf dem Niveau der Vorjahre halten.
Allen Zuschauern darum vielen Dank und auf jeden Fall bis zum nächsten Jahr.



Freitag, 25. Juli 2014

14. Depesche: La Gloire de mon Pére



Die TdF 2014 biegt ein auf die Zielgerade, heute läuft die letzte reguläre Etappe, morgen ist Zeitfahren in Bergerac, am Sonntag dann die Tour d´Honneur nach Paris. Die Pyrenäen sind Geschichte, leider gestern bei wolkenverhangenem Himmel. Die letzte Etappe dort war durchaus spannend. Uneinholbar, wie Nibali da abgegangen ist, nach dem frühen Ausscheiden der anderen Favoriten kein ebenbürtiger Gegner in Sicht.



Für Weinfreunde ist der Streckenverlauf heute durchaus interessant. Es geht zunächst durch die Rebhänge des Madiran (Verkostung eines Weines bei der Tour 2010 und 2012 klick hier), weiter im Norden dann Buzet, das Marmandais und schließlich Bergerac. Das zählt zwar noch zur Weinbauregion Sud-Ouest, ist allerdings schon nah dran an Bordeaux. Das prägt den Charkter der Weine, die Roten sind überwiegend aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc, bei den Weißen dominiert Sauvignon Blanc.

Zur Etappe wurde gestern schon mal vorab etwas von dort geöffnet...



La Gloire de mon Père Chateau Tour de Gendres 2009 Bergerac (14% / 14€) Ein Wein von Luc de Conti, einem der Qualitätspioniere im Bergerac. 45% Merlot, 30% Cabernet und 25% Malbec ergeben kräftigen, dichten Stoff. Reife Beerenfrucht, Tabak, Lakritz. Herbheit oder sperrige Tannine gehen ihm ab, als 09er jetzt schön offen, animierend, entwickelt hohen Trinksog...




Donnerstag, 24. Juli 2014

13. Depesche: Läuterung am Tourmalet



Im Zentrum der heutigen Etappe steht ohne Zweifel der Col de Tourmalet. Der Anstieg in den Pyrenäen war der erste Berg jenseits der 2000er, der in eine Touretappe aufgenommen wurde. Und das schon im Jahr 1910. Damal war das noch unzugängliches Gebiet, die Strecke nicht mehr als eine raue Schotterpiste. Tour - Gründer Henri Desgrange mutmaßte damals: "Es wird Blut an unseren Händen kleben". Zum Teil wurden die Räder an den steilen und unwegsamen Stellen geschoben, für Fahrer, die nicht abstiegen, gab es eine Sonderprämie.

Ich selbst bin über den Tourmalet vor fast 20 Jahren mal mit dem Auto gefahren. Es war auf der Runde, die ich gestern schon erwähnte: Die letzte große Schleife eines alten Opel Kadett C, der Rote Bochumer mit seinem kleinen Nähmaschinenmotor war unermüdlich auf seiner Runde durch Frankreich und Spanien, die wir damals unternahmen. Der Sinn war eigentlich, möglichst viel unterwegs zu sein, die Frontscheibe war wie eine Leinwand im Autokino, auf der die Landschaft als tagelanges Roadmovie vorbeirauschte.



Wir hatten die spanisch-französische Grenze bei Saint-Jean-de-Luz überquert, dort am Hafen gegrillten Thunfisch und Sardinen gegessen, ein paar Kilometer nördlich in der Bucht von Biarritz gebadet und sind dann am Nordrand des Gebirges bis nach Lourdes gefahren. Dort herrscht der Wahnsinn. Aber sowas zieht ja an. Und so haben wir dann einen nachmittag in diesem marienverrückten Ort verbracht. Es ist der drittgrößte katholische Wallfahrtsort weltweit, sechs Millionen Menschen besuchen jährlich die Stadt. Infrastruktur und Dienstleistungsangebot sind vollständig an den stetigen Pilger- und Besucherzustrom angepaßt. Über der kleinen Höhle, in der im Jahr 1858 die kleine Bernadette Soubirous ihre Marienerscheinungen hatte, wurde eine riesige Kirche errichtet, drumherum der Site des Sanctuaires, der Heilige Bezirk. In der Innenstadt bieten mehrere Magasin Catholique unglaubliche Menge an Glaubensdevotionalien an.



Kern des ganzen Geschäftsmodells sind natürlich die Wunderheilungen. Hier arbeiten Priester und Ärzte Hand in Hand. Auf dem Gelände gibt es seit 120 Jahren ein eigens eingerichtetes medizinsches Büro, dem sämtliche Heilungen gemeldet werden. Zusammen mit dem Klerus wird dann geprüft. Bisher sind von gemeldeten 7000 Heilungen nur 67 als offizielle Wunderheilungen im Sinne der katholischen Kirche anerkannt worden. Hier ist das in aller Ausführlichkeit dokumentiert (klick). Die endlose Prozession der altertümlichen Rollstühle und Bahren, gezogen von Schwestern in Tracht, mutet bizarr an. Die Kranken werden in Badehäusern in das "heilige Wasser" gelegt, über allem aus Lautsprechern liturgische Musik in Endlosschleife. Unser Reisebuch damal war das Tucholskys Pyrenäenbuch, großartige Lektüre, auch Lourdes beschreibt er "die Stadt der kleinen Leute...".

Weil es so schön passt, hier zwei Auszüge:

"Sei es, dass sie Furcht haben, die heilige Quelle könne nicht so viel hergeben, sei es aus diesem seltsamen und verständlichen Glauben heraus, Wasser, über die so viele Gebete hingebraust sind, wirke stärker als frisches. Dieses Wasser wird nur zweimal am Tage gewechselt, nachmittags und abends. Hunderte baden also in demselben Bad und das Wasser ist fettig und bleigrau. Wunden, Eiter, Schorf, alles wird hineingetaucht. Nur wenn sich jemand vergisst, erneuern sie es sofort. Niemand schrickt zurück; vielleicht wissen sie es nicht."

"Lourdes ist ein Anachronismus. Diese organisierten Pilgerzüge, diese elektrisch erleuchtete Kirche, die aussieht wie ein Vergnügungslokal auf dem Montmartre, der grauenhafte Schund, der da vorherrscht, nicht nur in den dummen Läden, sondern in den Kirchen selbst, diese unfromm bestellten Altäre, Schreine, Ornamente, Decken und Beleuchtungskörper."

Ich entschloss mich seinerzeit zum Kauf einer kleinen (Marien)flasche und füllte daraus etwas Wasser in den Kühler des Roten Bochumers...




Nach einigen Stunden war die Flucht von dort geboten, wir suchten Heilung und Läuterung lieber nicht bei der nächtlichen Fackelprozession, sondern in der Höheneinsamkeit der Berge. Spät am Nachmittag ging es südlich auf die D 821 durch das immer enger werdende Tal hinauf in Richtung Tourmalet (die Tour heute überfährt den Pass in umgekehrter Richtung von La Mongie rauf). In einem kleine Seitental kurz vor der Passhöhe hielten wir dann an, um im Auto zu übernachten. Es dämmerte schon und die Kälte kam, schnell wurde der Gaskocher für ein paar Nudeln angeworfen. Der Wein dazu ? Ich weiß es nicht mehr, wahrscheinlich allereinfachster Roter. Man war damals unterwegs "on a budget".
Am nächsten Morgen dann ein unvergessliches Erlebnis. Über den scharfgezackten Pyrenäenkämmen zog die Sonne auf. In einem weißen Renault Kastenwagen erschien ein Schäfer mit Baskenmütze und stieß lauthals kehlige Schreie in Richtung der Felswände heraus. Glockengebimmel kündigte dann aus der Ferne die Ankunft seiner Herde an. Schafe rannten auf uns zu, tranken und leckten das auf Steinen ausgebreitete Salz.



Weinappellationen gibt es zu Füßen der Pyrenäen einige. Ganz im Westen im Baskenland Irouléguy, dann Béarn und Jurancon südlich von Pau. Genau durch diese für Weißweine bekannte AOC fährt das Feld im Moment. Da fällt relativ viel Niederschlag und es ist auch gar nicht so heiß, wie man vermuten würde. Das ergibt im trockenen Bereich frische Weine, die auch deutsche Rieslingtrinker ansprechen müßten. Außerdem gibt es natürlich noch die Edelsüßen aus dem Jurancon, durchaus eigenständig, in Frankreich aber auch beliebt als günstiger Sauternes-Ersatz. Verkostet wurde dazu in den letzten Jahren, aktuell hatte ich, genau wie der Priorat-Hammer dazu leider nix im Hause...




Mittwoch, 23. Juli 2014

12. Depesche: Von Carcassonne in die Pyrenäen

Nach dem Ruhetag am Montag begann gestern die letzte Tourwoche, die Pyrenäenklassiker stehen auf dem Programm. Etappenstart war Carcassonne, mit seiner komplett erhaltenen mittelalterlichen Cité ein absolut beeindruckender Ort. Zum ersten Mal dort war ich 1996. Wir hatten mit einem alten roten Kadett in einer Woche eine große Schleife gedreht, von Saarbrücken über das Massif Central bis Andorra, dann südlich der Pyrenäen über Pamplona hinein ins Baskenland, dort Bilbao und San Sebastian angeschaut, schließlich zurück nach Frankreich über Saint-Jean-de-Luz und Biaritz. Nach einigen Bergstrecken durch die Pyrenäen dann nach Caracssonne und weiter durch das Languedoc, die Provence und die Schweiz zurück in den Ruhrpott. Ein Wunder, daß die alte Kiste mit dem Nähmaschinenmotor durchgehalten hat, geschont wurde weder Mensch noch Material auf dieser Runde.


Carcassonne, die Anlage der Cité wirkte wie eine Filmkulisse mit ihren Türmchen, Zinnen und Wehrgängen. Davor die Reben, eine Ideallandschaft, davor der kleine rote Bochumer.
Im Sommer ist innerhalb der Mauern die Hölle los, sehr voll, macht keinen Spaß. Der Priorat-Hammer hat es in einem Post ja sehr gut beschrieben (klick).



Im Jahr 2005 machten wir Familienferien in der Nähe, in einem klein Kaff im Minervois. Ein Ausflug in die Festungsstadt bot sich da an, es traf uns aber das TSD, das Tourist Sightseeing Syndrom, bloß weg! Stattdessen gab es schöne Verkostungen mit Crus des Minervois im Ferienhaus...




Carcassone ist eine Schnittstelle für einige interessant AOCs. Das Minervois gruppiert sich nördlich, zum Meer hin bei Narbonne gibt es einige interssante Weingüter. Südlich erstrecken sich die wildromantischen Corbieres, als Einsprengsel Fitou. Von da hatte ich zufällig vor ein par Tagen den wunderbaren Roten von Katie Jones im Glas, sehr reichhaltiger, dabei sehr feiner Schluck mit toller Frucht...



Fast hätte ich es vergessen, südlich gibt es noch eine Enklave des Weißen und Prickenlnde: Die AOC Limoux, zur Tour 2013 wurde hier ein Schäumer von da verkostet (klick).



Also, für das Doping ist hinreichend gesorgt, das Feld zieht nach Südwesten, in die Berge, in die Pyrenäen, dieses urwüchsige Gebirge zwischen Frankreich und Spanien, mit den Alpen vom Charakter nicht zu vergleichen. Später dazu mehr...


Sonntag, 20. Juli 2014

10. Depesche: Von den Alpen durch die Provence


Endlich! Die Tour 2014 ist ja eher eine Rundfahrt des Nordens und Ostens, trotzdem gibt es heute nach dem kurzen Trip in die Alpen eine richtige Südetappe quer durch die Provence, eine sehr lange dazu. 222 Kilometer wird heute durch wunderschöne Landschaften geradelt, jede Menge Reben müßten zu sehen sein. Es wird heiß, Gegenwind wird erwartet - dafür geht es wenigstens tendenziell bergab, wie ein Blick auf das Etappenprofil zeigt.



Es geht los noch oben im alpinen Bereich. In Tallard, kurz hinter dem Lac des Serre Poncon wird gestartet. Der Stausee spielt neben seiner Bedeutung für Wasserwirtschaft und Stromerzeugung eine wichtige Rolle beim Wassersport. Man kann herrlich drin baden, Boot fahren oder surfen. An den Ufern haben sich allerlei Tourismusangebote angesiedelt (klick)



Die Tour folgt hier der N85,  der berühmten Route Napoleon, die von Cannes am Mittelmeer bis nach Grenoble führt. Der Korse nutzte die Marschroute, als er, von Elba kommend, am 1. März 1815 mit 1200 Mann an der französischen Küste landete und über Grasse, Digne, Sisteron und Gap bis nach Grenoble 335 Kilometer in einem siebentägigen Gewaltmarsch zurücklegte. Am 20. März 1815 zog er schon wieder als Kaiser in den Tuilerienpalast ein. Allerdings nur für hundert Tage, danach kam Waterloo. Die Geschichte endete bekanntlich auf St. Helena im Südatlantik.


Die N 85 ist eine wirkliche Traumstraße und für mich immer noch die schönste Art, ins Midi zu reisen. Hinter Grenoble geht es steil an, den Trubel des Tales läßt man unter und hinter sich und fährt im stetigen auf und ab Richtung Süden, sozusagen in Gegenrichtung zu Napoleons Troß. Zunächst ist alles noch sehr alpin, mit quellklaren Seen und spektakulären Blicken in die Seitentäler mit ihren schneebedeckten Gipfeln des Alpenhauptkamms. Doch schnell wird es flacher und wärmer, Architektur und Vegetation ändern sich und irgendwann taucht ein Straßenschild auf: "Alpes-de-Haute-Provence". Dann ist man schon kurz vor Sisteron, dem "Porte de la Provence" mit seinem spektakulären Felsdurchbruch der Durance. Von da sind es noch 180 Kilometer bis Nizza. Auf der Strecke liegen Lavendelfelder, Weinberge und einer der größten und tiefsten Schluchten Europas, der Grand Canyon du Verdon, 21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief. Allein das lohnt schon die Reise. Der Verdon fließt als grünes Band im Talgrund und mündet in den tükisfarbenen und erfrischenden Wassern des Lac de Sainte Croix.




1990: Frühstück auf der Route Napoleon

1996: Kurzer Halt mit dem roten Bochumer in Sisteron

Südlich Sisteron wird dann nach Westen abgebogen, schöne kleine Straßen durch das Pays de Forcalquier bis nach einiger Zeit südlich der Luberon grüßt. Im Jahre 2008 ging die Tour auf gleicher Strecke hier durch und ich habe in Robion, einem Dorf kurz vor Cavaillon, an der Straße gestanden. Die Begeisterung war riesig, als erst die Werbekarawane und dann das Fahrerfeld passierten.




Schließlich geht es Richtung Rhone, die Gegend zwischen Camargue und den Alpilles übt einen magischen Reiz aus. Es fehlt die Lieblichkeit der Cote d Ázur und der "grünen" Provence im Departement Var. Die Gegend ist nackter, die Sonne brennt stärker. Alles wirkt erdiger, direkter. Kein Zufall, daß Nostradamus seine prophetischen Poeme zwischen St. Remy (da geht es heute durch) und Salon verfasst hat.




Wein gibt es da überall, erwähnt sei hier ein besonderer Cru des Südens ganz in der Nähe der Strecke, ein unter Weinfreaks weltweit anerkannter Wein, für die Gegend untypisch, ein Solitär: Domaine de Trevallon aus Les Baux-de-Provence. Seit 1973 bereitet der aus dem Elsass stammende Eloi Dürrbach Weine, die unter speziellen mikroklimatischen Bedingungen am Nordrand der Alpilles wachsen. Den gab es im letzten Jahr zur 6. Etappe von Aix nach Montpellier (klick hier).

In Tarascon geht es dann über die Rhone, von da sind es nur noch wenige Kilmeter bis zum Etappenziel Nîmes, neben Arles, Orange eine der Kapitalen der römischen Provence mit gewaltigen und gut erhaltenen Bauwerken aus dieser frühen Blütezeit. Ein ganz erstaunliches steht etwas nördlich, der: Der Pont du Gard. Die Brücke ist 49 m hoch und umfasst drei Etagen, sie war Teil einer fast 50 km langen Wasserleitung, mit der Wasser von den Quellen nahe Uzès nach Nîmes transportiert wurde.

Das war uns 2005 Anlaß genug, auf diese meisterhafte Ingenieursleistung der alten Römer mit einer kleinen Verkostung in den Wassern des Gard anzustoßen.



Der Wein zur heutigen Etappe kommt natürlich auch von hier, in den Costieres de Nimes wachsen ausgezeichnte Rote mit sehr gutem Preis-Genußverhältnis. Es sind eigentlich schon Weine Languedoc, sie gehören aber weinrechtlich noch zum Tal der Rhône.

JT Chateau de Nages 2011 Costieres de Nimes (14,5%/16,50€) Sehr reichhaltiger Wein, volle Nase, viel Fruchtdruck, satte Beeren, im Mund Kraft, auch hier reife, dunkle, süße Frucht, aber auch jede Menge Spice. Ist kein Weichspüler, kein Wunder, sind ja neben 88% Syrah auch noch 12% Mourvedre mit drin.







Samstag, 19. Juli 2014

9. Depesche: Alpenglück



Gestern Bergankunft am Hausberg von Grenoble, der Hai von Messina machte oben in Chamrousse den Sack zu, Vincenzo Nibal stellte seine Überlegenheit als Kletterer unter Beweis. Das gilt es heute zu festigen, denn heute ist Königsetappentag, es geht über das Dach der Tour 2014, den Izoard, Bergankunft dann in Risoul.




Etappenstart ist in Grenoble, einiges über die Alpenmetropole war hier gestern zu lesen (klick). Für mich war die Stadt schon öfter Zwischenstation für Reisen in den Süden. Man kommt von hier relativ schnell in die Provence, auf der herrlichen N85, der berühmten Route Napoléon bis Grasse und ans Mittelmeer. Oder über die N75 über den Col de la Croix-Haute und dann weiter bis Sisteron an den Grand Canyon etc. All das würde hier schon in den vergangen Jahren ausführlich beschrieben (klick). Die Fahrer haben heute anderes vor, sie lockt nicht der Süden, sie wollen nicht ans Meer, sondern in die Hochalpen.

Es geht durch das Tal der Drac bis Bourg d'Oisans, dann hinauf auf den Col du Lautaret. Da war ich mal im Jahr 2010, von Briancon kommend. Das ganze Jahr über erinnern große Metallrennräder an die Tour de France. Für Pflanzenfreunde wurde dort auch ein Jardin Alpin angelegt. Wir haben damals auf der Passhöhe den Abzweig zum Galibier genommen, da geht es dann nochmal 600 Höhenmeter weiter rauf. Die Tour läßt das aber in diesem Jahr aus und nimmt den Weg bergab in Richtung Briancon.





Die alte Festungsssatdt Briancon liegt auf 1300 Metern Höhe. Absolut beeindruckend die Cité Vauban (klick) mit ihren dicken Mauern und Falltoren. Innerhalb jede Menge Restaurants, die die typischen kräftigen, gerne von Käse dominierten Gerichte Savoyens anbieten. Alle möglichen Arten von Kartoffel-, Wurst-, Käsekombinationen sind die sättigende Kost für Bergfreunde. Die Höhenluft macht hungrig. Wir waren im Passé Simple, es gab Raclette "à l ´ancienne" mit kleinem Schmelzöfchen auf dem Tisch. Dazu schmeckte ein frischer Weißwein aus Savoyen.


Briancon, alte Festungsstadt auf 1300 Meter



Grande Rue in der Oberstadt
Raclette "à l ´ancienne"



Von Briancon folgt man Richtung Süden beqeum dem Tal der Durance und erreicht nach kurzer Fahrzeit den Lac de Serre Poncon. Auch hier ging die Tour schon oft drüber, ich kenne die Gegend von einigen Fahrten (klick hier). Von dort wäre es nur noch ein Katzensprung und man ist in Sisteron, dem Tor der Provence.
Doch es wäre nicht die Königsetappe, ließe man die Fahrer heute einfach so bergab in den Süden fahren. Also geht es von Briancon hoch auf den Col d’Izoard, ein Übergang der HC Kategorie, ein absoluter Klassiker der Tour, wurde schon 34 mal gefahren. Dann runter ins Durance-Tal und auf der anderen Seite gleich wieder rauf zur Bergankunft ins Skigebiet von Risoul.




Freitag, 18. Juli 2014

8. Depesche: Rhone Nord




Es geht in die Alpen, endlich. Nach den Touren über die Schlachtfelder von WW I und vollem Programm in den Vogesen wird nun von St. Etienne kommend straight ahead nach Osten geradelt, Etappenziel ist heute Grenoble. Zur besseren Orientierung oben mal die Etappenkarte, für uns Weinleute wird es kurz nach dem 3er Pass interessant, südlich von Lyon wird die Rhone gequert, genau durch die Weinberge von Condrieu.
Ich erinnere mich an einen Aufenthalt dort vor 9 Jahren, eine Übernachtung ein paar Kilometer nördlich in Vienne. Wir waren auf dem Weg ins Languedoc am späten Nachmittag dort, hatten Hunger und Durst und keine Lust mehr, weiter nur Kilometer zu fressen. Gegessen haben wir damals sehr schön im Restaurant Le Cloitre, direkt neben der mächtigen Kathedrale St-Maurice. Den Wein dazu weiß ich nicht mehr, es wird aber gewiß einer von der nördlichen Rhone gewesen sein.




Der weitere Verlauf bis Grenoble führt dann durch eine reizvolle und fruchtbare Mittelgebirgslandschaft, rurales Frankreich erster Güte. Etwas nördlich der Streckenführung gibt es den sehr schön zwischen Hügeln, Wiesen und Wäldern gelegen Lac de Paladru.




Auch dort legten wir auf dem Weg in die Provence mal eine Zwischenübernachtung ein. Nach Tretbootfahren und Schwimmen gab es eine Stärkung im Le Relais de la Tourelle, ein Gasthaus, wie es sie in Frankreich abseits der großen Touristenströme noch immer gibt. Ein preiswertes, reichliches und handwerklich gut zubereitetes Menü, das glücklich macht. Dazu gab es einen Vin de Savoie.





Auch der Zielort Grenoble gehört zum Standardprogramm auf dem Weg ins Midi. Wählt man die (längere, dafür schönere) Anreise durch die Schweiz, kommt man nach dem Genfer See über die A41 schnell über Annecy und Chambéry in die Alpenmetropole. Nur zum durchfahren ist die Stadt zu schade. Auffallend ist die enorme Studentendichte (4 Unis mit ges. 60.000 Student/innen !) und die hohe Zahl italienischer Lokale. Im 20. Jahrhundert erlebte die Stadt zwischen den zwei Weltkriegen eine massive italienische Einwanderung, vor allem ins Stadtviertel Saint-Laurent, das "quartier italien".



Es lohnt sich, mit der Seilbahn, den "bulles de grenoble", auf die Bastille, hochzufahren. Der Blick nach Süden, vorne das Stadtpanorama, dahinter die Alpenkette, ist großartig. Für die weitere Route Richtung Süden muß man sich dann entscheiden. Hat man es eilig fährt man die N75 (Route Hannibal) über den Col de Croix Haute und ist dann (relativ) schnell in Sisteron, der "Pforte zur Provence". Oder man läßt es ruhiger angehen und nimmt die N85, die berühmte Route Napoleon. Die beginnt direkt in Vizille kurz hinter Grenoble, aber da fahren sie erst morgen durch, auf dem Weg in die Hochalpen. Heute geht es quasi in Sichtweite der Stadt knackig hoch, ein HC-Anstieg auf das Skiplateau von Chamrousse.

Der Wein zur Etappe ist natürlich einer von der nördlichen Rhone, da wo sie heute rüberfahren. Nordrhone findet in Deutschland eher selten den Weg in die Gläser von Weinnovizen. Da ist zum einen die Syrah, die von den Hängen des Hermitage, von der Cote Rotie, aus Cornas etc. nicht so schmelzig- üppig ausfällt, wie man es aus dem Süden kennt. Hier kommt sie maskuliner daher, wenn diese Beschreibung mal erlaubt ist. Weniger breite, süße Frucht, mehr fokussiert auf würzige Strenge, Lakritz, Blut, Stein. Falls sich die Gelegenheit ergibt, unbdigt mal einen Cru aus der Gegend probieren.
Das oben schon erwähnte Condrieu ist eine Ecke für besondere Weiße aus der Viognier Traube, daraus ist auch der Etappenwein.




Viognier de Rosine Mas Ogier d ´Ampuis (12,5%/20€) Ein weißer vom Rande der Appellation, darum als VdP deklariert, wieder einer, der auf Granitböden wächst (klick), wieder sehr eigen in der Aromatik. Keine Riesennase, aber das muß er auch nicht, kommt fein daher. In der Kindheit gab es mal was, das nannte sich Eisbonbon, das erinnere ich hier, kühle Frucht, ganz leicht tropisch, fester Pfirsich und Ananaswasser. Aber immer ohne Übertreibung, bleibt dezent, man muß reinriechen und reinschmecken. Im Mund dann schöner Schmelz, recht weich, wenig Säure, kleidet aus, was nussiges kommt dazu, vom Holz (2/3 im neuen Barrique, zu 1/3 im Edelstahltank vergoren), aber auch hier dezent.
Nach längerem Schmecken und einiger Luft, bitte den Kandidaten hier nicht zu kühl verkosten, wird klar, daß die Rosine bei aller Leichtigkeit ein ziemlich solides Fundament hat, und auch die Baßtöne ganz gut am Gaumen aufzuspielen weiß.



Donnerstag, 17. Juli 2014

7. Depesche: Gamay sur Granit




Die heutige Etappe ist unter Weingesichtspunkten ganz interessant. Startort ist Bourg-En-Bresse, eine lebendige Stadt zwischen dem Jura und dem Burgund. Bekannt ist die Gegend für sein Qualitätshuhn Poulet de Bresse, eine der Ikonen der französischen Kulinaristik. Für mich ist diese ländliche Ecke Frankreichs bisher nur ein Durchgangsland auf dem Weg in den Süden gewesen. Einmal haben wir auf dem Rückweg aus dem Languedoc ganz in der Nähe eine Etappenübernachtung eingelegt. Da gab es in einem Landgasthof am Abend im Menü auch eine Keule vom berühmten Huhn, dazu tranken wir einen Roten aus dem Maconnais. Dieser Teil des Burgunds liegt nur ein kurzes Stück weiter westlich, die Fahrer nehmen heute auch diese Strecke.




Auf dem Weg in den Süden grüßt das Bressehuhn an der Autobahn.



Kurz vor Lyon geht es dann noch parallel zur Saone durch die lieblichen Weinberge der AOC Beaujolais. In der Regel leichte, trinkbare Rote. Aber auch richtiger Stoff, die Crus wie Juliénas, Chénas, Moulin à Vent, Morgon, Fleurie sind ja bekannt. Da kommen Weine her, die gerne im Lande bleiben und von Liebhabern des Goût de France geschätzt werden. Nie zu schwer, kirschig intensive Frucht, moderat in den Gerbstoffen...
Was mir zum Beaujolais noch einfällt? Clochemerle! Eine herrliches Buch (verfilmt mit Fernandel) von Gabriel Chevallier, ein französischer Klassiker um die politischen Ränkespiele in einem Dorf, eine Provinzposse, sehr humorig geschrieben, mit Liebe, Sex, Korruption und ganz viel Wein...




Das Beaujolais hat viele Jahre den Durst der Stadt Lyon gestillt, es stellte die Versorgung der Arbeiterschaft dort mit bekömmlichem Rotwein sicher. Daher rührt immer noch der Pott Lyonnais / Pott Beaujolais. Eine Servierflasche mit einem besonders dicken Glasboden, der es ermöglicht, den Wein auf dem Tisch länger kühl zu halten. Dafür wird die Flasche vorher im Eisfach gekühlt. Sie fasst mit 46 cl. die Weinportion eines Arbeiters zum Mittagsmenü. Ein durchaus vernünftiges Maß also...


Lyon wird heute gemieden, nordlich der Metropole biegt die Tour rechts ab. Im letzten Jahr war die Stadt am Zusammenfluß von Saone und Rhone Etappenzielort und wurde hier ausführlich gewürdigt (klick).
Weiter geht es heute nach Südwesten in Richtung Zentralmassiv, Zielort ist St. Etienne. Und das ist die Hauptstadt des südfranzösischen Départements Loire. Und da klingelt ist natürlich bei Weinfreunden in den Ohren. Die verbinden mit der Loire natürlich eher die klassischen Lagen weiter im Westen wie, Chinon, Sancerre etc. Aber auch hier am Fuße des Massif Central und gar nicht weit von der Rhone weg gibt es ein Fleckchen mit Weinbau, in Deutschland weitgehend unbekannt. Und weil es in den vergangenen Jahren hier schon zu Etappen in dieser Ecke Burgunder und Beaujolaiser ins Glas gab, in diesem Jahr also ein Roter aus den Côtes du Forez, die südlichste Appellation der Loire, mit knapp 200 ha eine der kleinsten Frankreichs.



2011»Migmatite« VdPays d´Urfé Domaine La Madone (11%/10€) Die Roten hier werden, wie auch im Beaujolais, aus der Gamay gekeltert, haben aber wegen Höhenlage mit kühlerem Klima einen anderen Charakter. Auch der Boden ist ein völlig anderer, der Name des Weines weist darauf, Migmatit nennen Geologen eine Form des Granits, bekannt auch als Mischgneis. Auf nahezu reinem Migmatit stehen die Reben für diesen Wein von Winzer Gilles Bonnefoy. Was pasiert im Glas?
Aromaalarm! Wer hier verspielte Frucht, wie beim Beaujolais, dichte Kraft wie bei Nordrhone oder schmelzige Fülle wie bei Südrhone erwartet, liegt hier daneben und ist erstmal irritiert, ob der doch etwas karg anmutenden Aromatik.
In der Nase verhaltene Sauerkirsche und Küchenkräuter, im Mund sehr schlankes Volumen, kaum Material am Gaumen, keine Crema, kein Mundfüller. Es steht vor allem eine appetitanregende Säure im Mittelpunkt der Betrachtungen. Das Fazit für diesen Regionalwein? Nun, er ist von K&U in Nürnberg, deshalb für heute die Beschreibung von Martin Kössler als Schlußwort:

"Mutig regionaler Herkunftscharakter, ein selbstbewußter Gallier. Alles, nur kein Wein für Dick- und Fetttrinker und schon gar keiner für Konzentrationsfans. Gilles Bonnefoy stellt seine Herkunft provozierend vor den Kommerz. Praktizierte kühle Frische statt populistisch künstlicher Fülle und Breite. Elf locker flockige Volumenprozent mit verdammt viel Geschmack und noch mehr Weingefühl."