Freitag, 15. Juli 2016

Torstens Reise- und Genusskommentar: Montpellier – Mont Ventoux

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Montpellier – Mont Ventoux

Über die vorgestrige Etappe berichtete ja Thomas sehr ausführlich, aber auch ich kannte die Strecke fast ausnahmslos vom eigenen Erleben, da ich lange Jahre oft in der Gegend um Montpellier unterwegs war. In den 90ern leitete ich etliche deutsch-französische Jugendaustauschprojekte in Aniane, wo gestern nicht durchgefahren wurde, Aber von dort erkundeten wir die nähere Umgebung, teils auch per Rad und dadurch lernte ich in der Periode meines Lebens auch diese Weine lieben, die Thomas bereits angesprochen hat. Später mit dem Auto erweiterte sich der Aktionsradius meiner Tagestouren von Aniane aus (damals für mich nur noch als Urlaubstouren) bis ins Minervois.

Heute ist mein Keller nicht mehr ganz so dominant mit den Weinen dieser Gegend gefüllt, aber etwas von Borie de Maurel aus dem Minervois oder einen Prieure de Saint – Jean de Bebian aus Pézenas hätte ich schon noch aufziehen können. Aber davon hatte ich erst unlängst einen 2000er im Glas, der noch immer steht wie eine Eins – er ist nach wie vor ein großer Erlebniswein des Midi.

Der 2001erJadis von Leon Barral aus Cabrerolles – Lentheric aus dem Faugères, der nun Etappenwein wurde, hatte zwar nicht die Tiefe und Größe des Kultweines aus Pézenas, aber auch er ist ertaunlich gut über die Jahre gekommen. Die wirklichen Spitzen des Languedoc zeigen mir immer wieder, dass sie nicht nach 4 bis 8 Jahren ausgetrunken sein müssen. Der Jadis ist immer noch so exzellent wie vor etlichen Jahren, als ich ihn zuvor zuletzt hatte.


Ich habe zumindest die Touretappe auf der Landkarte noch mal genau Revue passieren lassen und zu vielen der durchfahrenen Orte fiel mir etwas ein.

Das ist aber auch zur heutigen Etappe nicht gravierend anders, auch wenn es hier Lücken gibt. So war ich noch nie auf dem Mont Ventoux. Als Fahrradberg reizte er mich zunächst nicht, weil ihm ein bisschen an der magischen 2000 m Höhenlinie fahlt – aber ich tue ihm damit gewaltig unrecht, denn es ist einer der wohl schwersten Anstiege Frankreichs, weil es quasi ganz unten losgeht.

Aber in meinem Alter muss ich langsam erfahren, dass man wohl oder übel nicht mehr alles schafft, was wohl reizvoll wäre. Also sollte ich mehr über das dankbar sein, was ich hatte, überschaubare Ziel setzen und nicht harmen mit dem, was nicht mehr machbar sein wird. Am Ende hatte ich schon so viel und das Erinnerungsland ist ein großes...

Montpellier ist nicht meine absolute Lieblingsstadt, aber dennoch bin ich dort immer wieder gern gewesen, ich mag die Gassen der Altstadt, in denen es viel zu entdecken gibt, mehr als den Place Comédie, ich mochte die Stadt sogar immer gern für entspanntes Shopping – Weinläden, Midi – Spezialitäten, aber auch den Fnac, wo es mitunter CD´s gab, an die man sonst schwer ran kam. Oder den speziellen Philatelistenschalter in der Post, wo man nicht ewig warten musste, bis man dran kam wie sonst üblich bei der französischen Post, wo zwei Leute vor einem oft 30 Minuten Wartezeit bedeuten konnten.

Ich erinnere mich an meine allererste Meeresfrüchteplatte und an die mehrfach besuchte Vinisud, aber auch an den weitläufigen Zoo, der den Tieren unendlich viel Freiraum lässt und der für Besucher kostenlos ist.

Und an 1998, wo ich von hier zu einer Radtour aufbrach, die mich zunächst in die Alpen und später in die Cevennen führte, bevor ich in Aniane wieder am Zielpunkt war. Ich bin allerdings damals zunächst nahe der Küste entlang gefahren, bevor ich auf die Strecke der heutigen Etappe stieß.

Zuvor kommen wir durch das hübsche Städtchen Sommières, welches ich auch bereits besichtigt habe (per Auto allerdings). Diese alte verwinkelte und am Berghang gelegene Stadt bietet viele schöne Gassen und Plätze, alte Häuser und Schlösser bzw. eine Burgruine aus dem Mittelalter und eine Brücke, die auf die Römerzeit zurück geht. Ein typischs Wohlfühlstädtchen für Entdecker und Midi-Flair Liebhaber.


In Beaucaire kommen wir dann auf meine Radelstrecke von 1998, ich kam aus der Camargue hoch und hatte das für die Costières de Nîmes empfehlenswerte Weingut Château Mourgues duGrès besucht, dessen Weine ich zuvor schon bei Händlern in Frankreich und Deutschland entdeckt hatte. Nun hatte ich es mir live angesehen, auch wenn ich mit dem Rad nur ein paar wenige Flaschen für die Unterwegsverpflegung kaufen konnte. Die Weine werden fast jedes Jahr zu Recht im Guide Hachette empfohlen.

In Beaucaire sollte man unbedingt die große und sehr beeindruckende Kirche mit ihrem romanischen Fries besuchen, auch wenn Tarascon auf der anderen Rhône – Seite die noch schönere und sehenswertere Stadt ist .Ich nahm mir per Rad Zeit für beides.

Bis Cavaillon bin ich 1998 auf der heutigen Strecke mitgeradelt, aber die Gegend südlich von Avignon hatte ich bereits im November 1991 per Rad entdeckt, als ich dort ein paar Wochen an der Sprachschule Französisch lernte. In dieser Zeit machte ich u.a. auch Radausflüge in die Alpillen und nach Saint – Remy de Provence. Letztes Jahr im Sommer machten wir dort auch Station auf dem Klettersteigurlaub. Wir biwakierten direkt bei den römischen Ruinen von Glanum und besuchten die sehr gut erhaltenen Les Antiques.


Am Folgetag besuchten wir dann auch noch das sehr zu empfehlende Museum für Vincent van Gogh in der Priorei Saint Paul de Mausole, bevor wir zum Klettersteig des Tages in Cavaillon rüber fuhren.



Der Klettersteig von Cavaillon entpuppte sich als überraschend schwierig und sehr abwechslungsreich.



Zu den Abenteuern zwischen Saint Remy und Cavaillon kann man hier ausführlich im zudem reich bebilderten Reisetagebuch des letzten Jahres nachlesen:









Die letzte Station auf dieser Etappe für mich ist Gordes. Das dortige Schloß beherbergt das sehr sehenswerte Vasarely – Museum mit einer umfangreichen Werkschau dieses Künstlers, der den Stil des Kubismus entscheidend geprägt hat. Hier schließt sich noch mal der Kreis in Richtung meiner Sprachschulzeit in Avignon. Auch nach Gordes war ich damals an einem Wochenendtag mit dem Fahrrad gefahren. Hier habe ich auch zum ersten Mal in meinem Leben Wachteln gegessen. Passende Weine dazu fände man auch an den Hängen des Mont Ventoux.

Aber davon ist schon lange nichts mehr in meinem Keller. So ganz überzeugt war ich bislang nicht von diesen „Hinterlandweinen“. Stattdessen würde ich eher zu einem Châteauneuf du Pape oder einem Gigondas raten – wenn ich nicht schon wieder mal Priorat trinken müßte...

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