Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen
Über die vorgestrige Etappe berichtete ja Thomas sehr ausführlich, aber auch ich kannte die Strecke fast ausnahmslos vom eigenen Erleben, da ich lange Jahre oft in der Gegend um Montpellier unterwegs war. In den 90ern leitete ich etliche deutsch-französische Jugendaustauschprojekte in Aniane, wo gestern nicht durchgefahren wurde, Aber von dort erkundeten wir die nähere Umgebung, teils auch per Rad und dadurch lernte ich in der Periode meines Lebens auch diese Weine lieben, die Thomas bereits angesprochen hat. Später mit dem Auto erweiterte sich der Aktionsradius meiner Tagestouren von Aniane aus (damals für mich nur noch als Urlaubstouren) bis ins Minervois.
Heute ist mein Keller nicht mehr ganz so dominant mit den Weinen dieser Gegend gefüllt, aber etwas von Borie de Maurel aus dem Minervois oder einen Prieure de Saint – Jean de Bebian aus Pézenas hätte ich schon noch aufziehen können. Aber davon hatte ich erst unlängst einen 2000er im Glas, der noch immer steht wie eine Eins – er ist nach wie vor ein großer Erlebniswein des Midi.
Der 2001erJadis von Leon Barral aus Cabrerolles – Lentheric aus dem Faugères, der nun Etappenwein wurde, hatte zwar nicht die Tiefe und Größe des Kultweines aus Pézenas, aber auch er ist ertaunlich gut über die Jahre gekommen. Die wirklichen Spitzen des Languedoc zeigen mir immer wieder, dass sie nicht nach 4 bis 8 Jahren ausgetrunken sein müssen. Der Jadis ist immer noch so exzellent wie vor etlichen Jahren, als ich ihn zuvor zuletzt hatte.
Ich
habe zumindest die Touretappe auf der Landkarte noch mal genau Revue
passieren lassen und zu vielen der durchfahrenen Orte fiel mir etwas
ein.
Das
ist aber auch zur heutigen Etappe nicht gravierend anders, auch wenn
es hier Lücken gibt. So war ich noch nie auf dem Mont Ventoux. Als
Fahrradberg reizte er mich zunächst nicht, weil ihm ein bisschen an
der magischen 2000 m Höhenlinie fahlt – aber ich tue ihm damit
gewaltig unrecht, denn es ist einer der wohl schwersten Anstiege
Frankreichs, weil es quasi ganz unten losgeht.
Aber
in meinem Alter muss ich langsam erfahren, dass man wohl oder übel
nicht mehr alles schafft, was wohl reizvoll wäre. Also sollte ich
mehr über das dankbar sein, was ich hatte, überschaubare Ziel
setzen und nicht harmen mit dem, was nicht mehr machbar sein wird. Am
Ende hatte ich schon so viel und das Erinnerungsland ist ein
großes...
Montpellier ist
nicht meine absolute Lieblingsstadt, aber dennoch bin ich dort immer
wieder gern gewesen, ich mag die Gassen der Altstadt, in denen es
viel zu entdecken gibt, mehr als den Place Comédie, ich mochte die
Stadt sogar immer gern für entspanntes Shopping – Weinläden, Midi
– Spezialitäten, aber auch den Fnac, wo es mitunter CD´s gab, an
die man sonst schwer ran kam. Oder den speziellen
Philatelistenschalter in der Post, wo man nicht ewig warten musste,
bis man dran kam wie sonst üblich bei der französischen Post, wo
zwei Leute vor einem oft 30 Minuten Wartezeit bedeuten konnten.
Ich
erinnere mich an meine allererste Meeresfrüchteplatte und an die
mehrfach besuchte Vinisud, aber auch an den weitläufigen Zoo, der
den Tieren unendlich viel Freiraum lässt und der für Besucher
kostenlos ist.
Und
an 1998, wo ich von hier zu einer Radtour aufbrach, die mich zunächst
in die Alpen und später in die Cevennen führte, bevor ich in Aniane
wieder am Zielpunkt war. Ich bin allerdings damals zunächst nahe der
Küste entlang gefahren, bevor ich auf die Strecke der heutigen
Etappe stieß.
Zuvor
kommen wir durch das hübsche Städtchen Sommières,
welches ich auch bereits besichtigt habe (per Auto allerdings). Diese
alte verwinkelte und am Berghang gelegene Stadt bietet viele schöne
Gassen und Plätze, alte Häuser und Schlösser bzw. eine Burgruine
aus dem Mittelalter und eine Brücke, die auf die Römerzeit zurück
geht. Ein typischs Wohlfühlstädtchen für Entdecker und Midi-Flair
Liebhaber.
In Beaucaire kommen
wir dann auf meine Radelstrecke von 1998, ich kam aus der Camargue
hoch und hatte das für die Costières de
Nîmes empfehlenswerte Weingut Château Mourgues duGrès besucht, dessen Weine ich zuvor schon bei Händlern in
Frankreich und Deutschland entdeckt hatte. Nun hatte ich es mir live
angesehen, auch wenn ich mit dem Rad nur ein paar wenige Flaschen für
die Unterwegsverpflegung kaufen konnte. Die Weine werden fast jedes
Jahr zu Recht im Guide Hachette empfohlen.
In
Beaucaire sollte man unbedingt die große und sehr beeindruckende
Kirche mit ihrem romanischen Fries besuchen, auch wenn Tarascon auf
der anderen Rhône – Seite die noch schönere und sehenswertere
Stadt ist .Ich nahm mir per Rad Zeit für beides.
Bis
Cavaillon bin ich 1998 auf der heutigen Strecke mitgeradelt, aber die
Gegend südlich von Avignon hatte ich bereits im November 1991 per
Rad entdeckt, als ich dort ein paar Wochen an der Sprachschule
Französisch lernte. In dieser Zeit machte ich u.a. auch Radausflüge
in die Alpillen und nach Saint – Remy de Provence.
Letztes Jahr im Sommer machten wir dort auch Station auf dem
Klettersteigurlaub. Wir biwakierten direkt bei den römischen Ruinen
von Glanum und besuchten die sehr gut erhaltenen Les
Antiques.
Am
Folgetag besuchten wir dann auch noch das sehr zu empfehlende Museum
für Vincent van Gogh in der Priorei Saint Paul de
Mausole, bevor wir zum Klettersteig des Tages in Cavaillon
rüber fuhren.
Der
Klettersteig von Cavaillon entpuppte sich als
überraschend schwierig und sehr abwechslungsreich.
Zu
den Abenteuern zwischen Saint Remy und Cavaillon kann man hier
ausführlich im zudem reich bebilderten Reisetagebuch des letzten
Jahres nachlesen:
http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com/blog/derpriorathammer/tour-de-via-ferrata-en-france-2015-teil-36-31-07-2015-2/
http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com/blog/derpriorathammer/tour-de-via-ferrata-en-france-2015-teil-42-01-08-2015-6-via-ferrata-colline-st-jacques-in-cavaillon-5/
Die
letzte Station auf dieser Etappe für mich ist Gordes. Das
dortige Schloß beherbergt das sehr sehenswerte Vasarely –
Museum mit einer umfangreichen Werkschau dieses Künstlers,
der den Stil des Kubismus entscheidend geprägt hat. Hier schließt
sich noch mal der Kreis in Richtung meiner Sprachschulzeit in
Avignon. Auch nach Gordes war ich damals an einem Wochenendtag mit
dem Fahrrad gefahren. Hier habe ich auch zum ersten Mal in meinem
Leben Wachteln gegessen. Passende Weine dazu fände man auch an den
Hängen des Mont Ventoux.
Aber
davon ist schon lange nichts mehr in meinem Keller. So ganz überzeugt
war ich bislang nicht von diesen „Hinterlandweinen“. Stattdessen
würde ich eher zu einem Châteauneuf du Pape oder einem Gigondas
raten – wenn ich nicht schon wieder mal Priorat trinken müßte...
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