Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen
Für die gestrige Etappe musste ich ganz
tief in der Erinnerungskiste kramen. Zurück in die guten 90er – in
eine Zeit einige Jahre vor Internet und Digitalkamera. Damals wurden
„wertvolle“ Dias geknipst, die Fotos pro Tag waren begrenzt und
das Ganze hatte jede Menge Geld verschlungen für Filme, Entwicklung,
Rahmen und Aufbewahrungskästen... – und heute kramt man die ollen
Dinger ganz selten mal raus, weil alles doch so umständlich ist...
Ich war mehrfach im Cantal, aber nie so
kompakt wie bei jener Tour mit dem Apricus-Verein, daher beschränke
ich mich auch darauf. Die ganze restliche Strecke, die zuvor geradelt
wird, habe ich weder erfahren noch nennenswert gekreuzt. Erst wenn
die Tour in Salers angekommt, ist der Beginn meiner
Geschichte – oder eigentlich eher dessen Ende, denn wir haben das
pittoreske Städtchen erst auf unserem Rückweg besucht. Es war aber
zugleich auch dessen kultureller Höhepunkt bzw. der Ausgleich nach
einem Übermaß Natur...
In Salers gibt es wunderschöne kleine
Gassen mit alten Bürger- und Adelshäusern zu entdecken, Besonders
schön ist der Grand Place und die Rue de Templiers. Sehr sehenswert
ist auch die romanische Kirche mit Aubusson- Wandteppichen und einer
sehr plastischen Grablegung. Salers ist ein kleines Wohfühltädtchen,
aber auch eine weitere Rinderrasse und auch einen gleichnamigen Käse
gibt es. Letzterer gehört für mich zu den besten Käsespezialitäten
des Zentralmassivs.
Wir waren damals zum Wandern in das
Cantal – Gebirge gefahren – und allein das war eine
phantastische Idee, denn das Cantal ist der vielleicht „gebirgigste“
Teil des Zentralmassivs. Während es sich beim Mont Dore um
weitestgehend einen Vulkanberg dreht, ist das Cantal doch weit
aufgefächerter und besitzt mehrere Berge, allerdings auch alle
vulkanischen Ursprungs. Das ganze Auf und Ab im Cantal ist schon
richtig etwas für die Augen, hat bisweilen fast schon
Hochgebirgscharakter, denn man verläßt die Baumgrenze und bisweilen
treten die Felsen zutage, mitunter gibt es selbst im Sommer
klitzekleine Schneereste. Klar sind das nicht die Pyrenäen oder gar
die Alpen, aber man hat schon Berggefühle – nicht wie an anderen
Stellen des Zentralmassivs wo man auf 1200 m hoch ist und das Gefühl
hat, in einer Ebene zu verweilen.
Wir haben unser Basislager damals im
heutigen Zielort Le Lioran aufgeschlagen. Dort fanden
wir eine Gite d´ Etape, wo wir am Anfang, am Ende und mittendrin in
der Wandertour übernachten konnten und wo dann auch der Kleinbus die
ganze Zeit über sicher stehen bleiben durfte. Dann wanderten wir
zwei Schleifen, so etwas wie eine abstrakte 8...
Unsere ältesten Teilnehmer, beide
damals weit über die 60 Jahre alt, hatten sich extra für diese Tour
noch ein Zelt gekauft. Für eine ernsthafte Bergtour hier ist das
ratsam, denn das Gebiet ist sehr weitläufig und einsam, so dass man
irgendwo zwischendrin in freier Natur biwakieren muss, will man die
Idealstrecken über die Gipfel gehen.
Wir wandern also um das heutige
Streckenende herum, sind häufig noch deutlich höher als die
Rennfahrer und inmitten traumhafer Natur, sieht man von ein paar
„Sünden“ ab. Die erste Sünde ist das gewaltige Skiresort bei Le
Lioran mit seinen Pisten und Skiliften, aber hat man dies nach dem
Anstieg hinter sich gelassen, dann ist man in traumhafter Natur.
Natürlich besteigen wir den höchsten
Berg des Gebirges, den Plomb du Cantal (1855m) als Ersten.
Danach halten wir uns auf einem wunderbaren Grat mit phantastischen
Aussichten lange zwischen 1700 und 1800 m bis es dann hinter dem Puy
Brunet (1806 m) allmählich wieder nach unten geht.So richtig
abgestiegen wird aber erst ab dem Puy
Gros (1599 m). Unterhalb des Grates geht es dann zurück
nach Le Lioran, hier haben wir auch Waldabschnitte und sind nicht
mehr ganz so der Sonne ausgesetzt wie am ersten Tag. Wir blicken
zugleich nach oben auf den Grat des ersten Tages und nach unten ins
Tal der Cere, wo die Radler heute zum finalen Schlußanstieg
aufbrechen.
Bei der zweiten Schleife laufen wir
ihnen dann schon mal entgegen. Über den Puy de Peyre Arse
(1806 m) geht es hinüber zum Puy Mary (1787 m). Am Puy
Mary haben wir die zweite große Sünde an die Natur des Cantal. Vom
Parkplatz am Pas de Peyrol (1582 m) gibt es eine breite
häßliche Betontreppe hinauf zum Gipfel. Da wir von hinten kommen,
sehen wir diese und ein Teil unserer Gruppe verzichtet auf die
Besteigung des Puy Mary, um nicht über die Treppe absteigen zu
müssen.
Sie halten sich am Hang auf Passhöhe
und gehen direkt zum Pass, wo es die einzige Gaststätte weit und
breit gibt, die wir natürlich für unser Mittagessen nutzen.
Der Salat wurde frisch im Garten hinter
dem Haus gepflückt, unser ältester Teilnehmer findet eine kleine
lebende Schnecke in seimem Salat. Ich nehme es mit Humor und frage
den Kellner, ob in dieser Gegend Frankreichs die Schnecken lebend
serviert werden. Er entschuldigt sich mit einem Gentiane-Schnaps,
nicht für Helmut allein, sondern für jeden von uns...
Was Helmut sogleich auf die Idee
brachte, wir sollten Schnecken sammeln und in künftig zu bestellende
Salate setzen. Aber wir wollten – unverständlicherweise - da nicht
mitmachen...
Obwohl der Gentiane schon zu empfehlen
ist, den man ja auch den Alpen kennt. Aber auch hier wächst die
Pflanze in rauen Mengen und wir haben uns auf unserer Wanderung über
die vielen „geernteten„ Pflanzen gewundert. Nun wußten wir den
Grund – daraus wird Likör und Schnaps gemacht.
Am Hang des Puy Chavaroche (1774
m) fanden wir einen traumhaften Biwakplatz mit gigantischem Ausblick
und inmitten der Einsamkeit. Am folgenden Tag überquerten wir den
Chavaroche, um dann lange und steil nach Rudez
abzusteigen, einem kleinen Weiler an der Straße, auf der die Radler
heute unterwegs sind.
Wir machen es aber nicht wie diese, die
den Puy Griou (1785 m) auf einer Berstraße mit weiten Pässen
umfahren – zu Fuß geht es natürlich über dieen letzten uns noch
fehlenden wichtigen Cantal – Gipfel.
Aber so wir wir damals Gipfel gesammelt
haben, wurden gestern erstmals auf der Tour nennenswert Pässe
gesammelt. Und das Zuschauen lohnte schon wegen der traumhaften
Landschaft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen