Mittwoch, 13. Juli 2011

Etappe 11: BLAYE-LES-MINES - LAVAUR 167,5 km



Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Was sich in der gestrigen Etappe angedeutet hat, das kommt heute knüppeldick… Reben.
Heute wird anfangs eine riesige Runde durch das Weinbaugebiet Gaillac gedreht. Schon kurz nach dem Start wird mit Combefa der erste Weinbauort durchfahren und dann bleibt man bis kurz vor Graulhet in der rebendominierten Zone.
Die AOC Gaillac ist in Deutschland nur schwer zu finden, eigentlich sehr zu Unrecht, denn die Rebsorten sind teilweise autochthon, die Weinstile sind enorm vielfältig, es hat neben etlichen engagierten Familienbetrieben auch Genossenschaften und größere Erzeuger.
Für den Weißwein haben wir le Len de l´ El (Loin de l´ Oeil), Mauzac, l´Ondenc, Sauvignon Blanc und Muscadelle zugelassen, für die Roten Duras, Braucol (Fer-Servadou), Syrah, Gamay, Négrette, Cabernet Sauvignon und Merlot.
So vielfältig wie die Rebsorten, die den Wein schon von seinen Nachbarn stilistisch abheben, so vielseitig sind auch die erzeugten Weinstile. Aus den Weißweintrauben werden trockene und edelsüße Stillweine und leicht schäumender Perlwein gemacht, der eine fast einzigartige Spezialität ist. Aus den roten Trauben wird Rosé und Rotwein gemacht. Mir persönlich gefallen neben den Roten oft die Süßweine sehr.
Bei der schon angesprochenen Frankreichrundtour besuchten wir das Château Lecusse, dass einem Dänen gehört. Hier gibt es sehr zuverlässige und oft ausgezeichnete Rote unter Verwendung von Braucol (Fer-Servadou). Bei Réne Rieux haben mir damals besonders die edelsüßen gefallen – diese Domaine ist ein besonderes Projekt zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen, auffallend war für mich, wie stolz die dortigen Mitarbeiter ihre Produkte präsentierten.

Domaine Réne Rieux in Gaillac

So einmal angefixt habe ich natürlich auch in den Folgejahren immer mal wieder nach guten Gaillac – Weinen Ausschau gehalten. Vom gutsortierten französischen Supermarkt (Château Meritz !) bis zu den Salons de Vignerons Independants (Domaine Rotier und Domaine de Gineste !) haben sich immer wieder gern Flaschen aus der AOC Gaillac in meinen Keller verirrt. Die Preise sind erfreulicherweise sehr gering, so dass man häufig von einem guten Preis-Genuss Verhältnis sprechen kann. Die Roten liegen schwerpunktmäßig bei 5 bis 11 €, wenige etwas drüber, Massenware auch drunter, bei den edelsüßen wird man zwischen 10 und 20 € meistens fündig, wenn man nicht gleich die Weine von Robert und Bernard Plageoles braucht, die aber im Süßweinbereich dennoch unbestritten zu den ganz Großen in Frankreich zählen (30 bis 50 €).
Hätte ich nicht noch so viele Prioratreste zu vertilgen, dann würde ich mir heute sicher einen Gaillac gönnen. Aber das wäre unvernünftig.
Auch kulturell wird heute eine Menge geboten. Cordes sur Ciel hatte ich bereits erwähnt, ist aber touristisch sehr überlaufen – es lohnt halt wirklich den Stopp. Das architektonische Kleinod – ein herrlich befestigtes mittelalterliches Kleinstädtchen mit engen Gassen und einer grandiosen Kirche – in dem heute viele Künstler leben, sollte man am Besten außerhalb der Wochenenden und Ferienzeiten besuchen. Auch die Altstadt von Gaillac lohnt sich und die Städte im Bastidenstil auf der anderen Seite des Tarn sind touristisch eher verschlafen, haben aber ihre stillen Reize für einen kurzen Halt, wenn man mal in der Gegend ist. Bei meinen häufigen Durchfahrten Richtung Pyrenäen habe ich mir Lautrec, Puylaurens und den Zielort Lavaur bereits mal angesehen und alle drei sind mir als recht hübsche Ortskerne mit sehenswerten Kirchen in Erinnerung geblieben. Sicher ist das nicht die Ecke, in der man einen kompletten Urlaub verlebt, aber auf der Durchreise kann man diese Provinzschönheiten mitnehmen.

Geschichtlich ist diese Gegend doppelt interessant, es ist das Land der Bastiden, befestigte Städte aus Zeiten englisch-französischer Kriege hier unten und noch früher hat diese Gegend auch schon in der Zeit der Katharer und Albigenser auf sich aufmerksam gemacht. Es ist also auch eine Gegend, in der die katholische Kirche besonders grausam gewütet hat und auf deren Steinen das Blut der von ihr als Ketzer verfolgten „wahren Christen und Vollendeten“ klebt…



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