Samstag, 16. Juli 2011

Etappe 14: SAINT-GAUDENS - PLATEAU DE BEILLE 168,5 km

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen



Wen wundert es, wenn ich sage, dass ich den Etappenbeginn und das Etappenende (bis auf den letzten Anstieg, aber was will ich auf einer Skistation im Sommer?) quasi aus dem eff eff kenne. Beides sind Strecken über die Pyrenäen nach Spanien, die ich häufig im Zusammenhang mit den Fahrten ins Priorat nutze, in letzter Zeit häufiger die Strecke St. Gaudens – Vielha, da sich das Ganze in Spanien nach Lerida wunderbar fährt und ich mich nicht mit den Grenzkontrollen an der andorranischen Grenze auseinander setzen muss.

Und Andorra als Einkaufsparadies ist auch nicht mehr das, was es mal war, wenn dann fahre ich inzwischen eher wegen der malerischen Berge dort hin – als eigenständigen Teil eines Pyrenäenurlaubs.
Aber bevor die Fahrer ins beschauliche, aber schöne St. Beat kommen, haben sie sich schon von der Strecke, die ich kenne, verabschiedet, um auf französischer Seite die letztmögliche Querung ins Ariege Tal zu machen. Und erst ab Tarascon bin ich dann wieder im Ariege Tal mit dabei, wenn es dort stetig bis nach Ax-les Thermes hochgeht, durch malerische kleine Ortschaften und häufig mit der Gefahr von Staus wegen enger und überfüllter Straßen… Für die Franzosen muss Andorra nach wie vor noch das Einkaufsparadies sein, in der Masse, wie sie täglich dort einfallen… Und allein die Kontrolle an der Grenze kann einen ewig langen Stau hervorrufen. Nach Spanien ist es dann nicht ganz so schlimm, außer vielleicht an den Wochenenden, dann staut es sich nicht nur an der Grenze nach Spanien, sondern auch auf dem Weg nach Seu de Urgell und weiter bergab, bis die schnellen Straßen Richtung Barcelona „verschwinden“.
Als Radfahrer hat man den Vorteil, an den ganzen im Stau stehenden Autos vorbei radeln zu können.

Einkaufsmeile Andorra
Warum kenne ich diese Verbindung zwischen den beiden großen Tälern mit all ihren vielen kleinen Pässen eigentlich nicht? Geht es doch u.a. durch Bethmale, aus dem einer meiner Lieblingspyrenäenkäse kommt… Den Käse bekommt man ja auch woanders und die alternative Strecke auf der spanischen Seite ist einfach zu grandios und lädt in den Pyrenäenurlauben immer wieder ein, selbst mit dem Auto dort entlang zu fahren. Aber auch per Rad hab ich den Teil der Pyrenäen gemacht. Allerdings andersherum und so will ich es euch auch berichten…

Es war in den 90ern, zu einer Zeit, als die Flugzeuge noch den Trangia mit beförderten und keinen Stress wegen eines Stücks Metall gemacht wurde, Hauptsache, man hatte keinen Brennspiritus dabei. Damals flogen wir häufig und hatten die Räder gegen geringes Aufgeld dabei. Der Flug im Sommer 1996 ging nach Barcelona, von wo aus wir zunächst über die niedrigeren Pässe der Pyrenäen fuhren, um dann über den Col de Ares in den französischen Teil Kataloniens zu kommen. Tage später sind wir dann über den Col de Puymorens auf die Alternativstrecke zur heutigen Touretappe gekommen. Von diesem geht es nur wenig bergab, bis die Straße auf die nach Andorra führt. Schon damals waren die letzten 6 km vor der Grenze voll gestaut. Wir wie gesagt im Nebel an der Autoschlange vorbei und stetig bergan, an zwei- und vierbeinigen Schafen und Hammeln vorbei (die vierbeinigen hatten wenigstens Glöckchen, damit man sie auch im Nebel wahrnahm).

Kurz vor der Grenze riß der Nebel auf und wir waren buchstäblich über den Wolken – eine Situation, die ich im Ariege – Tal dann auch später häufig erlebt habe. Der Port d´ Envalira hinter Pas de la Casa ist im Prinzip auch der höchste Straßenpass der gesamten Pyrenäen (2409 m). Oben auf dem Pass gibt es etliche Tankstellen und wenn man Glück hat, ist auch eine Bar für einen Kaffee oder andere wärmende Getränke offen. Ich hatte auf meiner Überquerung des Passes per Rad von der anderen Seite 1991 hier oben im August 6° über Null gehabt.
Auch der rote Kadett aus Bochum war schon da...
Bergab droht man dann förmlich zu fliegen, sind erstmal die Spitzkehren hinterm Pass mit ihren vielen Murmeltieren Geschichte, dann kann man´s rollen lassen. Bremsen sollte man doch ab und an, wir als Radwanderer müssen ja keinen Preis gewinnen, außerdem gibt es einiges an Sehenswürdigkeiten an der Strecke, wie die alten romanischen Kirchen in Canillo und später in Santa Coloma, heute auch noch die Klettersteige hinter Canillo (die gab es damals noch nicht) und natürlich auch die Hauptstadt mit ihrem heute viel protzigerem Gehabe als seinerzeit. An der Grenze zu Spanien muss man wegen der Grenzkontrollen natürlich auch bremsen, dann aber geht es noch etliche Kilometer weiter bergab. Wenn man nicht aufpasst, weiter als man will, aber wir entdecken rechtzeitig das Schild nach Sort und biegen rechts weg – und schon geht es steil und knüppeldick nach oben. Wenige Kilometer später kommt ein kleines Dorf mit einer Bar – der durstige Radler sollte auch heute noch hier anhalten, es ist die letzte und einzige bis zum Col de Cantó, an dem wir dann wieder über 1700 m hoch sind. Die kleinen Orte, die später kommen, sind eigentlich verlassene Dörfer, einige Enthusiasten versuchen hier aber in den letzten Jahren wieder sesshaft zu werden. Aber Leben im spanischen Dorf sieht ganz anders aus… 1996 erwies sich das „da kommt nachher noch ein Dorf, wo wir vielleicht übernachten können“ als Trugschluss, aber irgendwie fanden wir dann doch einen Fleck zum Zelten, hatten Hunger und konnten nichts kaufen, hatten Durst und nur noch französischen Wein im Gepäck (Fontanel musste geopfert werden) und weiß der Geier, wie wir doch noch zu etwas Trinkwasser kamen…
Am nächsten Morgen dann hungrig auf´s Rad und über den Col de Cantó – die Strecke dorthin zog sich ewig… Kilometer um Kilometer immer weiter hoch, heiß schon am frühen Morgen und weder Wasserquelle noch Bar… Erst als es bergab ging kam dann eine solche, aber es war grad keine Essenszeit und Spanier können da hart sein – auch zu Radfahrern.
In Sort tankten wir dann nach, es war, als wären wir im Paradies. Hier gab es alles, was das Herz begehrte. Nach Llavorsi geht es dann durch herrliche Schluchtlandschaften und eher gemächlich bergan. Hierher bin ich später wegen der Vielfalt an Wildwasseraktivitäten noch öfter zurückgekehrt, 1996 gönnten wir uns lediglich ein kleines Bad im Fluß und vor Esterri d´ Aneu einen Zeltplatz. Schließlich hatten wir in Esterri noch einen sehr lebendigen Ort gefunden und danach sollte es wieder 23 km mit über 1100 Höhenmetern raufgehen. Wir hätten die Steigung zwar noch anpacken können, aber wir wollten nicht wieder in the middle of nowhere landen.


Und die Steigung zum Port de Bonaigua (2072m, der höchste spanische Pyrenäenpass) verlangte uns mit unserem ganzen Campinggepäck auf den Rädern auch am Folgetag noch alles ab. Dafür gab es dann doch auch Rastpunkte zwischendrin und sogar eine Gaststätte mit einer alten romanischen Pilgerkirche einige Kilometer unterhalb des Passes.
Auf der Abfahrt zerschoss ich mir dann den Reifen und musste zunächst nach Vielha runtertrampen, einen neuen Mantel kaufen, einen Schlauch hatte ich ja bei, aber keinen Mantel. Glücklicherweise gab es ein Fahrradgeschäft. Alles kostete aber so viel Zeit, dass wir an jenem Tag auch nicht weiter als Vielha kamen. Auf dem Sportplatz durften wir zelten.
Wären wir am Folgetag nach Frankreich reingefahren, würden wir die Alternativroute zur heutigen Etappe beenden, aber uns zog es ins Dunkel des Tunnels von Vielha. Wer mal realen Horror braucht, macht es wie wir und fährt diesen Tunnel per Rad von Vielha aus – im Tunnel geht es noch 5 km bergan! Wer drauf verzichten kann, legt seine Route andersherum, da geht die Tunneldurchfahrt erheblich schneller.


3 Kommentare:

  1. Und wieder taucht der Kadett mit dem kleinen Motor auf, fährt der noch ?

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  2. Der Kadett aus Bochum wurde danach verkauft, für gutes Geld...

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  3. ...ich vermute mal, der tut seine Dienste jetzt für die katholische Kirche, da müßte doch nach der Weihung oder Seeligsprechung ein Liebhaberpreis rqausgesprungen sein?
    frechgrins)

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