Samstag, 23. Juli 2011

Etappe 20: Showdown in Grenoble

Schleck endlich in GELB. Vielleicht nur heute...

57 Sekunden liegt Andy Schleck nach dem gestrigen Ritt vor Cadel Evans. Und das nach insgesamt 3292 Km und 83 Stunden Gesamtfahrtzeit. Und jetzt entscheidet sich das Rennen heute bei einem Einzelzeitfahren, verrückt. Jeder fährt für sich gegen die Uhr, ein selektiver Kampf über 42,5 Kilometer durch und um Grenoble. So spannend war die Tour schon lange nicht.

Rundkurs in Grenoble
Grenoble, größte Hochgebirgsstadt der Alpen, für mich ein Durchgangsort. Meine Lieblingsroute in die Provence geht über Basel, durch die Schweiz und vorbei am Genfer See. Über die A41 kommt man dann  schnell über Annecy und Chambéry nach Grenoble. Nur zum durchfahren ist die Stadt wahrlich zu schade, im letzten Jahr wurde darum dort eine Etappenübernachtung eingelegt. Auffallend ist die enorme Studentendichte (4 Unis mit ges. 60.000 Student/innen !) und die hohe Zahl italienischer Lokale. Im 20. Jahrhundert erlebte die Stadt zwischen den zwei Weltkriegen eine massive italienische Einwanderung, vor allem ins Stadtviertel Saint-Laurent, das "quartier italien".



Es lohnt sich, mit der Seilbahn, den "bulles de grenoble", auf die Bastille hochzufahren. Der Blick nach Süden, vorne das Stadtpanorama, dahinter die Alpenkette, ist großartig. Für die weitere Route Richtung Süden muß man sich dann entscheiden. Hat man es eilig fährt man die N75 (Route Hannibal) über den Col de Croix Haute und ist dann (relativ) schnell in Sisteron, der "Pforte zur Provence". Oder man läßt es ruhiger angehen und nimmt die N85, die berühmte Route Napoleon. Die beginnt direkt in Vizille,  da wo die Fahrer heute auf ihrem Rundkurs ihre Kehre zurück nach Grenoble machen. Führen sie stattdessen die Route Napoleon müßten sie ziemlich antreten, direkt nach Vizille geht es steil hoch. Nach nur wenigen Kilometern wird man dann aber belohnt. Zwei kleine Seen liegen malerisch vor grandioser Alpenkulisse.

Weindeuter an der Route Napoleon kurz
hinter Grenoble am Lac de Petichet (2007).
Verkostet wurde ein roter Vin de Savoie aus der Rebsorte Gamay:
Erfrischender Genuß auf der Etappe in den Süden.
Auf der N 85 geht es dann alpin weiter mit spektakulären Blicken auf die auch im Sommer schneebedeckten Gipfel des Alpenhauptkamms. Allmählich wird es flacher und wärmer, Architektur und Vegetation ändern sich und irgendwann taucht ein Straßenschild auf: "Alpes-de-Haute-Provence". Dann ist man auch auf dieser Strecke kurz vor Sisteron, mit seinem spektakulären Felsdurchbruch der Durance. Von da sind es noch 180 Kilometer bis Nizza. Auf der Strecke liegen Lavendelfelder, Weinberge und einer der größten und tiefsten Schluchten Europas, der Grand Canyon du Verdon, 21 Kilometer lang und bis zu 700 Meter tief. Allein das lohnt schon die Reise. Der Verdon fließt als grünes Band im Talgrund und mündet in den tükisfarbenen und erfrischenden Wassern des Lac de Sainte Croix.
Napoleon nutzte die Marschroute in umgekehrter Richtung. Von Elba kommend, landetet er am 1. März 1815 mit 1200 Mann an der französischen Küste und legte die 335 Kilometer über Grasse, Digne, Sisteron und Gap bis nach Grenoble in einem siebentägigen Gewaltmarsch zurück. Am 20. März 1815 zog er schon wieder als Kaiser in den Tuilerienpalast ein. Allerdings nur für hundert Tage, danach kam Waterloo. Die Geschichte endete bekanntlich auf St. Helena im Südatlantik.

Frühstück mit Schafherde an der Route Napoleon
irgendwo zwischen Grenoble und Gap (1990)

Auch der kleine rote Kadett war schon an der Route Napoleon.
Hier in Sisteron, der "Pforte zur Provence"

1 Kommentar:

  1. weinsteiger23 Juli, 2011

    Empfehlenswerte musikalische Einstimmung auf die Schlussetappe morgen: "A vélo dans Paris" von Joe Dassin; kann man nach ein paar Gläschen prima mitsingen.

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