Donnerstag, 4. Juli 2013

6. ETAPPE - Donnerstag 4. Juli 2013 - Aix-en-Provence > Montpellier - 176,5 km



Schon die 6. Etappe! In sportlicher Hinsicht immer noch ein Vorspiel in Bezug auf das Gesamtklassement. Die Favoriten sind noch in Deckung, die Bühne gehört den Sprintern. So auch heute wieder in dieser Route des Übergangs. Es geht wie schon gestern durch Weinfelder und die herrlichen Dörfer des Midi. Aber mit der Rhone wird eine wichtige Grenze überfahren, wir verlassen die Provence und ihre Weine und entern voller Zuversicht die Weingebiete des Languedoc.
Aber ich greife vor, denn gestartet wird ja in Aix-en-Provence, und das ist schließlich der Namensgeber für eine Unterappellation der Provence. Zur Übersicht hier mal eine Karte (für eine Vergrößerung einfach draufklicken).



Mit Aix verbinde ich einen Besuch im Jahre 2006. Wir hatten ein Ferienhaus bei Carnoules gemietet und unternahmen einen Tagesausflug dorthin, natürlich an einem Markttag. Sowas zieht Deutsche, Engländer und Niederländer ja magisch an. Der Markt verteilt sich, wie üblich, in den Gassen und Plätzen der Altstadt. Herrliches Angebot, aber auch sehr anstrengend.




Eine Pause haben wir uns dann im bekanntesten Café der Stadt gegönnt, im Deux Garçons am Cours Mirabeau, dem Laufsteg der Stadt. Wenn man da so sitzt und den hübschen Studentinnen zuschaut weiß man, warum Aix für die Franzosen zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität gehört. Für Süßsüchtige ist schräg gegenüber eine wichtige Anlaufstelle: Die Pâtisserie Béchard lockt mit einer traumhaften Auswahl französischer Konditorenkunst und den berühmten Calissons d’Aix, ein Naschkonfekt aus Mandeln, kandierten Melonen und Orangen.




Ein Wein ganz aus der Nähe ist seit langer Zeit einer meiner Favoriten unter den Südfranzosen. Es war einer der ersten aus der Region, die ich überhaupt verkostet habe. Und das wirkt ja häufig nachhaltig und man hat dann ein Abo drauf für lange Zeit.
Es ist die "Cuvée Tradition" der Domaine Richeaume. Das Weingut liegt am Fuß der Montagne St. Victoire in Puyloubier. Da malte Cézanne, da wanderte auf seinen Spuren Peter Handke und da hat die Fremdenlegion eine Art Altersheim für Invaliden. In dieser eher betrüblichen Einrichtung war ich mal für die im Post zur gestrigen Etappe erwähnten Fotoreportage (klick).
Doch zum Wein. Seit über 30 Jahren wird hier unter dem Patronat von Henning Hoesch nach streng ökologischen Kriterien Weinqualität erzeugt. Meinen ersten "Richeaume" trank ich 1997, es war der 93er, damals für 13,50 DM im Weinland Keiler (heute Mövenpick Weinkeller) gekauft. Körperreich, intensiv dunkelbeerig schon in der Nase, dabei angenehm mit viel Frische mundfüllend. Grenache, eingebunden in Syrah und Cabernet Sauvignon. Die Spitzencuvée heißt COLUMELLE, lohnend, einer der besten Weine aus der Provence aus Cabernet  und Syrah.

Vom Feinsten: Domaine Richeaume in Puyloubier.
Dahinter die Kette der Mantagne St. Victoire

Von Aix geht es stramm nach Westen, wie schon erwähnt über die Rhone und erreicht dann ein Gebiet, das ich bereist habe. Leider ist dies schon einige Jahre her. In der Erinnerung hat das aber einen besonderen Platz, weil die Gegend zwischen Camargue und den Alpilles einen geradzu magischen Reiz ausübt. Es fehlt die Lieblichkeit der Cote d Ázur und der "grünen" Provence im Departement Var. Die Gegend ist flach, nackt, die Sonne brennt stärker. Alles wirkt erdiger, direkter. Kein Zufall, daß Nostradamus seine prophetischen Poeme zwischen St. Remy und Salon verfasst hat. In dieser Gegend tritt in trutzigen Bauten das römische Erbe hervor, in der Arena in Arles zum Beispiel. Aber auch das Mittelalter, wie  in den wehrhaften Befestigungen von Aigues Mortes und den dicken Mauern der Abtei Montmajour.

Meine ersten Aufenthalte dort galten dem Photofestivals in Arles, den Rencontres internationales de la photographie, heute Les Rencontres d'Arles. In der ganzen Stadt, auf den Plätzen und innerhalb der römischen und mittelalterlichen Mauern finden Ausstellungen statt, nach Eintritt der Dunkelheit dann Soirees, damals noch große Projektionen im römischen Theater.



Blick von den hohen Mauern der römischen Arena
auf die Stadt, im Hintergrund die Rhone


Ich war damals mit dem Genießer (klick) unterwegs. Wenn ich mir die alten Fotos heute so ansehe, tranken wir damals nicht so sehr Wein, sondern sprachen dem Biere zu. Wo es ging, kauften oder bestellten wir gern ein Pelforth Brune, "la bière authentique du Nord de la France". Das würde heute anders laufen...
Übernachtet wurde entweder im Auto oder im Zelt. Man war unterwegs on a budget, das hieß natürlich auch ambulantes Kochen im kleinen Alutopf. Hier im Bild bei einem Regenguß - und das Anfang Juli im Herzen der Provence.





Eines Tages fuhren wir in größter Mittagshitze ein paar Kilometer nach Norden raus und trafen auf die Mühle von Daudet bei Fontvieille, in der Alphonse Daudet sein berühmtes Jugendwerk Briefe aus meiner Mühle schrieb. Die Tour geht heute da im Abstand von zwei Kilometern vorbei, die Hubschrauberkamera wird sicher mal draufschwenken.
Ganz in der Nähe lag ein großes Feld mit leuchtenden Sonnenblumen, da mußte man natürlich sofort an Van Gogh denken. Der traf hier 1888 ein, 20 Jahre nach Daudets Aufenthalt in der Mühle. Van Gogh hatte hier, in seinem "Atelier des Südens" seine produktivste Schaffensphase. Ich hatte keine Staffelei, aber doch mein Stativ und stieg damit aufs Dach des Strich 8er Diesels, auch genannt die Wanderdüne, und machte ein Foto mit meiner Yashica 6x6.




Jahre später, diesmal in weiblicher Begleitung, auf einer Tagestour vom Herault kommend, fuhren wir wieder in die Gegend. Erst über La Grand Motte mit seinen Ferienpyramiden nach Aigues - Mortes, die Stadt der toten Wasser, die alte Stadt der Kreuzfahrer. Ein Gang über die noch völlig erhaltene Stadtmauer und in den Tour de Constance gehört dazu. Von da aus dann zum Baden nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Im Sommer ist es da unerträglich voll. Vor allem außerhalb der Saison hat der Ort aber immer noch die Magie der Camargue. Schließlich ging es von dort wiederum nach Arles, wo diesmal nicht Fotoausstellungen lockten, sonder ein großer Stierkampf in der imposanten Kulisse der römischen Arena, ganz nach spanischem Ritus. Pro und Contra dieses archaischen Spektakels sollen hier nicht erwogen sein. Es ist mir auf jeden Fall nachhaltig in Erinnerung geblieben. Vor allem die Lanzenreiter, die Picadores auf ihren gepanzerten Pferden.


Gibt es noch immer: Corrida in der Römischen Arena in Arles.
Seit dem 22. April 2011 ist der Spanische Stierkampf sogar
in der immateriellen Liste des französischen Kulturerbes eingetragen

Wir haben dann zurück ins Languedoc die gleiche Route genommen wie die heutige Tour. In St. Gilles haben wir noch was gegessen (was und welchen Wein es dazu gab, weiß ich nicht mehr, damals hab ich ja auch noch nicht gebloggt) und sind dann über Lunel und Montpellier zurück nach Saint-Saturnin-de-Lucian am Herault gefahren.

Wein gibt es da überall, Torsten hat ja einige erwähnt in seinem Genußkommentar (klick). Aber zu den Weinen des Languedoc später was.

Zur heutigen Etappe möchte ich hier lieber noch einen Wein herausstellen, quasi ein Cru aus dem vinologischen Niemandsland. Mittlerweile ein unter Weinfreaks weltweit anerkannter Wein, für die Gegend untypisch, ein Solitär. Und er liegt sozusagen genau auf der Strecke, wiederum nur ein paar Kilometer nördlich von Arles: Domaine de Trevallon aus Les Baux-de-Provence. Seit 1973 bereitet der aus dem Elsass stammende Eloi Dürrbach Weine, die unter speziellen mikroklimatischen Bedingungen am Nordrand der Alpilles wachsen.
Während ich dies hier schreibe, hab ich eine Flasche vom ´2004er in der Hand. Der wird heute noch geköpft, Details dazu folgen...






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