Mittwoch, 4. Juli 2012

Torstens Genusskommentar: Abbeville – Rouen

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen.


Bei dieser Touretappe fühle ich mich doch gleich fast zu Hause. Obwohl ich leider schon länger nicht mehr dort war.

Anfangs der 90er waren wir mit den Rädern und dem Kleinbus dort geplant unterwegs, später war ich dann mit dem Auto zwei mal spontan über den Jahreswechsel in der Gegend.

Das war immer nach einem Blick auf die Wetterkarte passiert – damals pflegte ich immer nach Frankreich zu fahren und 2001 zu 2002, sowie 2004 zu 2005 war das Wetter südlich quasi anstrengendstes Winterwetter. Aber oben in Nordfrankreich gab es dann mildere Temperaturen und blauen Himmel – und das über einen längeren Zeitraum stabil...

Doch wir beginnen mit Erinnerungen an die frühen 90er, ein Kleinbus, 6 Mann, 6 Räder und viel Spaß. Wir hatten insgesamt 3 mal Quartiere für mehrere Tage genommen und dann von dort aus Tagestouren mit den Rädern unternommen.
Hier hatten wir eine Gîte d´Etappe im Bresle Tal und von dort aus machten wir Touren zum Schloß Rambures und zu weiteren Hinterlandzielen und zwei an die Manche – Küste. Die erste führte uns dabei nach St. Valery s. Somme, ein hübsches altes Städtchen an der Somme – Bucht. Es ist zwar ein wenig schläfrig dort, aber hübsch anzusehen mit den Resten der Stadtbefestigung und der alten Kirche.
An der Somme – Bucht hatten wir ein eigenartiges Erlebnis, es gab einen Wanderpfad ins Vogelreservat, wir ließen unsere Räder stehen und wanderten über auf das Wasser zu, auf dem hunderte von Wasservögeln saßen. Sie bewegten sich nicht bei unserem Näherkommen und flogen auch nicht weg, als wir nahe genug dran waren, sahen wir, dass das alles nur Attrappen waren  - und fanden Unterstände für Jäger und jede Menge Patronenhülsen...


Landschaftlich schön ist die Gegend um die Somme – Mündung dennoch – auch die kleine Küstenstraße zwischen der Mündung und Cayeux sur Mer. Hier ist es noch feiner Sandstrand mit Dünen.  Weht der Wind entsprechend, wird auch mal schnell die Straße zugeweht, wie wir es dort erlebt haben. Vielleicht der Grund, warum die Tour direkt auf Eu zuhält...
Das auf den ersten Blick unscheinbare Eu bietet zwei Sehenswürdigkeiten ersten Ranges, ein wunderschönes Schloss mit weitläufigem Park und einer schönen Ausstattung, die an die Zeit der Prinzen von Orléans erinnert. Die Gärten sind übrigens von Le Notre geschaffen, das Ensemble kann heute besichtigt werden.

Nicht versäumen sollte man die Kirche des Ortes, die dem Heiligen Laurent O´Toole von Irland gewidmet ist. Besonders sehenswert sind eine Grablegung aus dem 15. Jahrhundert und die Plastiken in der Krypta. 
Die Besucherströme konzentrieren sich auch auf diese Sehenswürdigkeiten, als Ort quirliger habe ich das nette Hafenstädtchen Le Treport in Erinnerung. Hier muss man schon mal die fangfrischen Fische und Meeresfrüchte anschauen oder gleich etwas davon mitnehmen, wobei sich dazu in den nächsten Kilometern immer wieder reichlich Gelegenheit bieten wird, denn es geht heute durch etliche der kleinen hübschen Küstenorte hier. Hier bei Le Treport haben wir dann auch schon die für diesen Abschnitt der Küste so großartigen Kreidekalkfelsen mit ihren zum Teil großen Kieselsteineinschlüssen. Mal reinere Kreide-Kalk Felsen, mal mehr Konglomerat finden wir nun über den ganzen weiteren Streckenverlauf an der Küste.

Hier kommen wir hinter Dieppe auch wieder auf mir bekanntes Gelände, so auf die später mit dem Auto besuchten Strecken.

Ein erster unbedingter Kulturpunkt ist hier die Kirche mit dem Friedhof am Meer in Varengeville  sur Mer (als Gemäldebriefmarke sogar philatelistisch verewigt.) Man hat hier einen phantastischen Blick über die Landschaft, aber auch die Kirche selbst u.a. mit Glasmalereien von Georges Braque lohnt die Besichtigung. Und wenn man schon mal hier ist, sollte man sich auch das Manoir d´ Ango ansehen, ein wunderschöner Landsitz nach englischer Art.
Wunderschön gelegen und ein reizvoller Halt selbst Ende Dezember ist der malerische Küstenort Veules les Roses.  Neben der Besichtigung der Kirche empfiehlt sich hier auch ein Spaziergang an der Steilküste (unbedingt Gezeiten beachten!) Und natürlich das Kaufen von Fisch und Meeresfrüchten. Wir haben uns kurz vor Silvester 2001 hier gehörig eingedeckt, ohne zu wissen, wo wir die Sachen zubereiten werden. 

Fündig wurden wir dann hinter dem Kernkraftwerk von Paluel, wo wir in einem richtigen Schloss eine Ferienwohnung mieten konnten. Und da diese auch eine Selbstkochküche hatte, war das Zubereiten der Mitbringsel kein Problem mehr. Silvester ließen wir es uns allerdings nicht nehmen, das Menü mit zu buchen, denn diese Schlemmerei sollte man sich nicht entgehen lassen.

Wir hatten extra an diesem Tag eine anständige Wanderung gemacht, um ausreichend Hunger zu. Haben. Leider drehen die Radler heute bereits in Fécamp ab und verzichten auf das großartige Naturschauspiel der Felsen von Etretat. Da dies aber zu den schönsten Wanderungen gehört, die man machen kann, möchte ich den Tipp hier nicht vorenthalten.

Zunächst sind wir hoch auf den Klippenhügel gestiegen, Zur einen Seite läuft man ewig an einem eher langweiligen Golfplatz lang, aber man schaut eh nur zur anderen Seite in Richtung Meer. An alle wichtigen Punkten gibt es Aussichtspunkte – auf den frei im Meer stehenden Felsturm, zu den verschiedenen Felsbrücken und Felsnasen und auf diesen natürlich auch.



Später gibt es dann eine steile Schlucht hinunter ans Meer, der einzige Durch - schlupf auf etliche Kilometer. Am Meer kann man dann bei Ebbe bequem entlangwandern, zur einen Seite die Konglomeratfelsen, zur anderen das Wasser. Wir hatten zusätzlich noch das Schauspiel der untergehenden Abendsonne – damit verfärbten sich die von der Sonne angestrahlten Felsen auf spektakuläre Art und Weise immer wieder neu.

Bei den Felsnasen gibt es immer Durch-schlüpfe, zum Teil auch künstlich damals von den Nazis angelegt als Verteidigungsanlagen. Genützt hat es, wie wir wissen nicht viel und glücklicherweise wurde hier die schöne Landschaft nicht komplett „umgepflügt“ wie in Verdun oder anderen Schlachtfeldern der beiden Weltkriege. Heute sind diese Anlagen wunderschöne Aussichtspunkte.

Beim letzten großen Felsen, der sich ins Meer schiebt, muss man richtig eine Unterhöhlung durch krauchen – ja richtig, man muss schon in die Knie gehen ab einer gewissen Körpergröße – und eine Stirnlampe dabei zu haben ist sehr empfehlenswert, sonst hilft nur der Tastsinn...

Wichtig für die Unternehmung, die man sicher auch andersrum machen kann, ist das Einplanen der Gezeiten. Bei Flut kommt man unten nicht mehr lang, die entsprechenden Zeiten sind an der Küste im Ort Etretat beim Anfangs – bzw. Endpunkt der Wanderung angeschlagen oder man erkundigt sich vorher Ungeplant loslaufen kann fatale Folgen haben, denn bei den hohen, steilen aber sehr weichen Felswänden, die sich leider daher auch nicht zum Klettern eignen, kann man nicht mal eben so zwischen drin aussteigen. Beim 2. Besuch in der Gegend einige Jahre später war eine Wiederholung der Wanderung aus ebenjenem Grund leider nicht machbar. Da mussten wir uns auf das beschränken, was ging – aber dank der tollen Aussichtspunkte ist selbst das eindrucksvoll genug für einen Umweg.

Fécamp ist mir weniger in Erinnerung geblieben, aber wenigstens die Kirche lohnt einen Besuch.

Für Rouen war leider keine Zeit mehr, denn mein Wander- und Reisefreund Steffen – der Holzwurm – wollte lieber Paris sehen und ich tat ihm den Gefallen... Obwohl Rouen auch einen Besuch wert sein sollte.

Vielleicht klappt es ja noch mal, wenn sich die neue Regierung unter Hollande dazu hinreißen lässt, das unsinnige Gesetz der Mitführungspflicht von Pusteröhrchen  im Auto wieder abzuschaffen. Daran wird sich mein Verhältnis zu Urlauben in Frankreich sicher zukünftig entscheiden. Für diesen Unsinn habe ich nämlich keinerlei Verständnis. Mein Hauptreiseland wird Frankreich mit diesem Zwangsgesetz nicht mehr sein... Dann geht es nur noch schnell durch nach Spanien – oder besser gleich drüber weg...



2 Kommentare:

  1. scöner Bericht, aber wegen der Alkotester Frankreich zu meiden ist ja wohl etwas, nu ja, kleinkariert. Die kosten doch keine 2 Euro und wenn das hilft alkoholbedingte Unfälle zu verringern - bitte. Obwohl ich den Effekt bezweifle.

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  2. zum Alkotester hier:
    http://weinradler.blogspot.de/2012/07/torstens-genusskommentar-rouen-saint.html

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