Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen.
Streckenweise kenne ich die heutige Etappe nicht, dazu ist sie auf oft zu kleinen Straßen unterwegs – was ich ja prinzipiell auch gern mache, wenn ich in einem Zielgebiet bin. Vielleicht war diese Gegend bislang zu selten Zielgebiet – sondern mehr Durchfahrstrecke? Das zumindest erklärt das öftere Kreuzen der Strecke und das Zubewegen auf die belgische / deutsche Grenze.
Wobei die Champagne, in der die heutige Tour startet, auch schon des öfteren Zielgebiet für mich war, allerdings hieße das dann Marne – Tal Richtung Château Thierry oder Richtung Reims bzw. in die Côte de Blancs und nicht von Epernay Richtung Châlons en Champagne, das in meinem älteren Reiseführer von Anfang der 90er noch Châlons sur Marne hieß...
Epernay mag zwar die ausgemachte Hauptstadt der Champagne sein, aber wirklich wohl gefühlt habe ich mich dort bislang nicht. Natürlich bin ich mehr als ein mal die „Prachtallee“ lang, habe ich mal hinter die Fassade einiger großer Häuser versucht zu schauen, nur bin ich damit nicht wirklich glücklich geworden.
So heißt denn auch mein Lieblingsort in der Champagne nicht Epernay, sondern Vertus (und das nicht nur, weil es dort was zu Klettern gibt) und wenn ich einen Champagner empfehlen sollte, dann käme der zumeist von kleinen unabhängigen Winzern bzw. nicht ganz so großen Betrieben, wie sie in Reims oder Epernay „residieren“.
Bei Moet & Chandon fand ich die „Animierdamen“ im Shop zu aufgesetzt und überschminkt und die probierten Champagner zu wenig individuell und schlecht im Preis - Genuss - Verhältnis – irgendwie passte da eines zum anderen, aber nichts zu mir. Bei Castellane umwehte mich eine gewisse Hochmütigkeit, ich nahm den im 2004er Guide Hachette einst mit *** und Coup de Coeur gefeierten Croix Rouge Rosé Champagner blind mit , denn kosten durfte man ihn nicht – sicher aus gutem Grunde, denn als ich die Flasche später trank, war das für mich eine der herbsten Enttäuschungen überhaupt. Was hatte ich doch für herrliche Winzerchampagner auf derselben Tour entdeckt, die mich zur Rückkehr in die Champagne ermunterten...
In Epernay halte ich seither nur am Supermarkt, wenn es grad sein muss, ansonsten verbringe ich die Zeit lieber in den kleinen Orten ringsum.
Avenue de Champagne in Épernay - "eine gewisse Hochmütigkeit..." |
Mein erster Besuch in der Champagne geht übrigens auf das Jahr 1994 zurück, damals noch nicht motorisiert, bekam ich einen Geburtstagskurztrip in die Champagne quasi geschenkt und das erste Mal stieg ich in Châlons en Champagne aus dem Zug. Damals war es mir nicht so bewusst, dass sich das mehr auf die Region denn auf das Getränk bezieht, denn Champagnerhersteller suchte ich hier vergeblich. Stattdessen fand ich eine schöne Altstadt, barocke Prunkhäuser und Stadttore, eine sehenswerte Kathedrale und eine noch sehenswertere romanische Kirche Notre Dame en Vaux.
Später – motorisiert – dachte ich, es wäre klug, die Stadt weiträumig zu umfahren, statt hindurch – und so lernte ich auch den kleinen Ort Marson kennen, durch den die Tour heute führt. Von Courtisols über eben dieses Marson – weiter über Pogny nach Sommesous wollten wir „abkürzen“ - man kann das zwar machen, aber eigentlich ist die Hauptstrecke über Châlons doch ganz entspannt zu fahren... Zumindest bietet auch diese kleine Straße nichts weiter als den Blick über endlose Kornfelder und man begreift, dass der eigentliche Sinn des Namens Champagne eben nicht mit dem geistigen Prickler, sondern mit den Feldern verbunden ist....
Landschaftlich schöner wird es erst, wenn die Ausläufer der Argonnen erreicht werden, auch hier quere ich gedanklich zwei Mal die heutige Etappe, wie dann auch später in Saint Mihiel.
Diese hübsche Kleinstadt war ein Rastpunkt auf unserer Frankreich Radtour 1997 – die uns zwei Wochen lang von Basel über das Jura, die Bresse nach Burgund und dann nördlich in die südliche Champagne führte – über Lothringen ging es dann nach Saarbrücken... Neben dem Stadtbummel durch ein hübsches altes Zentrum erinnere ich mich an die Besichtigung der Kirche Saint Etienne aus dem 15. Jahrhundert. Sehr realistische Gesichtszüge tragen hier die Figuren der Saint – Sèpulcre Gruppe von Ligier Richier.
Wir sind dann damals nicht nach Metz gefahren, sondern mitten durch den Naturpark Lothringen auf Pont à Mousson zu.
Metz mit seiner herrlichen Altstadt und seinen berühmten Kirchenbauten hatte ich mir bereits Ende 1990 angeschaut. Der deutsche Bundesjugendring hatte im Zuge der Wiedervereinigung zu einer Tagung nach Saarbrücken eingeladen. Was bot sich mehr an, als, wenn man schon mal da ist, nach Ende der Veranstaltung fix mal nach Metz rüber zu fahren. Klar, man hätte auch irgendwas im Westen Deutschlands anschauen können – war ja auch alles neu für uns... - aber Frankreich zog doch mehr an. Und immerhin hatten wir auf dem Hinweg nach Metz einen Zwischenhalt im auch recht hübschen Marburg eingelegt.
Später hatte ich hier zwei Mal längeren Umsteigeaufenthalt bei Bahnfahrten. Einmal – in der Nacht erinnere ich mich an einen schönen nächtlichen Altstadtbummel und – es war im Februar und außergewöhnlich mild – an das Singen der Nachtigallen.
An den zweiten Aufenthalt im Jahr Februar 1998 erinnere ich mich nicht so gern zurück. Angel, mein Freund aus Aniane hatte mich mit vollem Gepäck in Montpellier in den Zug gesetzt und in Metz musste ich umsteigen bei fast 5 Stunden Aufenthalt. Ich hatte den Rucksack voll mit Weinflaschen und an jeder Hand noch einen großen Beutel mit je einer 6er Holzkiste und war quasi bewegungslos. Letztlich war ich froh, es von einem Bahnsteig zum anderen geschafft zu haben – den Rest der Zeit passte ich auf meine Weinflaschen auf und fasste den Entschluss, dass es an der Zeit sei, endlich die Fahrerlaubnis zu machen.
Dennoch, wie häufig habe ich seitdem von der Autobahn sehnsüchtig auf die Kulisse der Altstadt von Metz rübergeblickt - und nie wieder den Abstecher in die Stadt rein gemacht. Entweder musste noch „was geschafft“ werden, wenn es auf dem Hinweg war oder „es geht nach Hause“...
PS: Südlich bzw. südwestlich von Metz soll es ja auch Weinbau geben, vielleicht sehen wir heute kurz vor Etappenende noch einen Weinberg, der zum Gebiet “Vins de Moselle“ gehört. Wissentlich getrunken hab ich allerdings bislang noch keinen Wein von dort.
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