Sonntag, 8. Juli 2012

Torstens Genusskommentar: Belfort – Porrentruy

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen.

Die heutige Etappe führt uns durch eine Gegend, die für mich eindeutig „Zielgebietsqualitäten“ hat.

Sicher haben wir am Anfang einen Industrie – Ballungsraum, aber die Stadt Belfort lohnt wegen der dortigen Festung, die dem deutsch-französischen Krieg standgehalten hat, einen Besuch. Eine riesig große Löwenskulptur, direkt an Felsen unterhalb der Festungsmauer der Zitadelle, erinnert an die erfolgreich überstandene Belagerung der Festungsstadt. Natürlich kann man die Festung und den liegend wachen Löwen auch besichtigen, wir haben es bereits 1990 bei unserer allerersten Tour nach Frankreich im Sommer nach dem Mauerfall getan. Mit den Rädern aus dem Elsass kommend, sind wir dann ziemlich genau so gefahren, wie es heute auch die Radrennfahrer zu Beginn der Etappe tun werden.

Der Industriestandort um Belfort und Montbeliard ist sehr stark vom Fahrzeugbau geprägt, entsprechend trist sind zunächst die Gegend und auch die Schlafstädte der Industriearbeiter hier – der Ort Audincourt allerdings besitzt auch die sehr interessante Kirche Sacre Coeur. Der Besuch dieser Kirche ist für Liebhaber moderner Baukunst des 20. Jahrhunderts unumgänglich, aber auch, wenn man mehr auf Romanik und Gotik steht, so kann man sich dennoch der Wirkung der modernen Glasfenster von Léger und Bazaine nur schwer entziehen.

Während die Profis dann aus dem Tal abbiegen, um erste Berge anzutesten, sind wir damals mit unseren Rädern im Doubs - Tal geblieben und im malerischen kleinen Städtchen St. Hippolyte vereinigen sich die Touren wieder. Inzwischen haben wir auch traumhaft schöne Landschaften erreicht – so hatten wir bereits vor diesem Ferienort erste schöne und schluchtartige Abschnitte durchradelt.

Auch in späteren Jahren habe ich immer wieder gern einen kleinen Halt hier eingelegt. Auch bei späteren Radtouren bin ich öfter hier lang gekommen, aber auch bei Fahrten ins Jura mit dem Auto und den Wanderschuhen und dem Kletterseil im Gepäck. Egal, ob man das Doubs-Tal weiter hoch fährt (hier kommt man gleich in die Schweiz nach St. Ursanne und könnte heute gehörig abkürzen) oder ob man wie die Radprofis dann aus dem Tal erneut hochfährt, was ich auch bereits getan habe – landschaftlich schön ist es immer. Besonders reizvoll ist auch die Fortsetzung der Strecke ins das Tal der Dessoubre, es ist eine recht schmale Straße mit wenig Verkehr – bei Radlern natürlich besonders beliebt. 1990 und auch später mehrfach sind wir das zum Teil felsige Tal bis hinauf zum Cirque de Consolation gefahren. Einige Kilometer hinter St. Hippolyte gibt es dabei einen kleinen malerischen Platz zum Zelten bzw. Biwakieren direkt am Ufer des Flüßchens Dessoubre, natürlich mit Badestellen – ein kleiner Weg führt hinunter auf die Wiese.

Noch vor der kleinen und auch recht netten Stadt Maiche wird heute abgebogen und in Richtung Schweiz gefahren. Man kann auch von Maiche aus einen schönen Rundkurs fahren, über Fessevillers hin und über Damprichrard wieder zurück. Beeindruckend ist dabei in jedem Falle die Corniche de Goumois mit ihren Felsen oberhalb des Doubs.

Die Felsen ziehen sich aber auch noch etliche Kilometer weiter runter, der Doubs bleibt längere Zeit Grenzfluß und hat hier gewaltige Schluchten geschaffen. Eine Gegend, wunderbar zum Wandern geschaffen. Der landschaftliche Höhepunkt ist dabei vielleicht der Ausflug zu den Todesleitern. Die Les Echelles du Mort wurden einst angeblich von Schmugglern angelegt, heute finden wir hier einen der großartigsten Klettersteige Frankreichs. Ich habe diesen Steig im Spätsommer 2010 gemacht, allerdings nach meiner langen und harten Krankheit und entsprechend war ich noch relativ schwach auf den Beinen und musste nach der schwersten Seilbrücke vorzeitig den Steig beenden. Yvonne ist sogar noch deutlich eher gleich am ersten „Fluchtweg“ raus und konnte damit einige schöne Fotos vom Aussichtspunkt aus machen, die mich auf den spektakulären Brücken zeigen. Ich werde gern eines Tages noch mal zurück kommen, um den dort „noch hängen gelassenen Sack“ abzuholen – so spricht der Kletterfreak von einer vorzeitig abgebrochenen Route.




Zur Via Ferrata kommt man am Besten von einem kleinen Weiler namens Le Boulois. Hier gibt es ein sehr preiswerte und malerisch gelegene Gîte d´ Etappe zum Übernachten, unmittelbar dort geht auch der Wanderweg los, der zum Aussichtspunkt oberhalb der Via Ferrata führt. Die touristischen „Todesleitern“, heute arg entschärft, steigt man dann hinab bis an den Felsfuss, von wo aus der Klettersteig startet.

Wir sind damals mit dem Auto von Porrentruy aus über Saignelegier gekommen, also sprich entgegen den Radlern heute sind wir ebenfalls bei Goumois über die Grenze gefahren, ein wild – malerischer Grenzübergang fast wie im Märchen oder in einem Abenteuerfilm. Dafür ist die zunächst auf der Hochfläche in der Schweiz entlangführende Straße fast langweilig – Yvonne war auf ihrer ersten Stippvisite von der Schweiz regelrecht enttäuscht. Aber sie ist manchmal hart mit den kleinen schönen Dingen. Sicher ist diese Gegend nicht die spektakulärste der Schweiz, ich finde aber, sie erschließt sich mit dem mehrmaligen B  etrachten durchaus. Wir lassen die Radprofis noch einige Kringel zusätzlich fahren, ein paar Berge mehr wollen sie schon auf de eigentlich kurzen Etappe noch fahren dürfen...

Wir könnten gleich zum Ziel Porrentruy abkürzen, gäbe es da nicht auch noch den letzten Umweg der Profis über Saint Ursanne. Und während die Profis heute noch einige Kringel mehr fahren, nutzen wir die Chance, das malerische alte Dorf mit seiner Ruine und seiner alten Kirche genauer zu besichtigen, bis wir dann über die letzte Bergwertung nach Porrentruy mit radeln... Okay, wir haben das 1993 mal wieder genau andersrum gemacht, wir kamen aus dem südlichsten Zipfel des Elsass nach Porrentruy und sind dann über den Col de la Croix nach St. Ursanne gefahren (und dann weiter nach St. Hippolyte und erneut ins Dessoubre – Tal). Mit dem kompletten Campinggepäck für drei Wochen war der Berg für uns auch anstrengend genug...

In Porrentruy mit seinem hübschen alten Zentrum sollte man nicht versäumen, sich das Foucoultsche Pendel an zu schauen, egal, ob man sich intensiver für Physik interessiert oder besser die kulinarische Frage geklärt haben möchte...



Es soll hier in diesem Zipfel nämlich auch einen experimentellen Weinbau geben, aber davon hab ich noch nie was im Glas gehabt. Und die zwei renommierten französischen Weinbaugebiete Alsace und Jura sind etwa gleich weit entfernt – außerdem gibt das eventuell Probleme mit dem Zoll.

Also empfehle ich etwas vom Neuchâteler See, der so weit weg auch nicht ist. Ich habe 2010 dort zwei Winzer in Auvernier besucht und mir auch ein paar hübsche Fläschchen als Souvenier mitgenommen, gute Schweizer Weine sind ja in Deutschland sonst gar nicht so ohne Weiteres zu finden. Getrunken habe ich bislang von beiden Winzern den Oeil de Perdrix, einen recht blassen, aber durchaus aromatischen Rosé, der auch prima zum derzeitigen Waschküchenwetter passen würde. Geschrieben habe ich dazu bereits bei http://www.dasweinforum.de/

Ins kulinarische Gepäck de heutigen Etappe müssen unbedingt noch die Saucisse de Montbeliard, eine sehr würzige Brühwurst und natürlich Käse aus dem Jura, denn bereits in der Gegend um Maiche findet man in fast jedem Dorf eine Fruitière, die unter anderem den leckeren Comté herstellt. Aber probiert auch Morbier, Tomme du Jura und all die anderen leckeren Sorten und nehmt ein frisches Stück Butter von dort mit. Ihr werdet die Genüsse allesamt nicht bereuen.

Die Wurst kann man ähnlich wie die Saucisse de Morteau zubereiten, das geht sogar mit dem Campingkocher, auch wenn die Gîte d´Etappe die Möglichkeit des im Ofens überbacken anbietet – ich habe dazu auch seinerzeit auf meinem Blog gestöbert – das könnt ihr natürlich auch gern tun, um noch ein paar Tipps mehr für die Region ab zu greifen. Hier der Link zu den Erlebnissen im Jura 2010:
Hier beginnt der Bericht zu diesem Teil der 2010er Tour, dann einfach weiter lesen, so lange es euch Spaß macht. (auch wenn es zwischendrin mal um Priorat gehen sollte...) Auch genug Fotos sind dort eingestreut, so dass ich diese nicht nochmals hier einbaue.


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