Sonntag, 15. Juli 2012

Torstens Genusskommentar: Limoux – Foix

Torsten (Priorat) Hammer schreibt zu den Etappen über seine vielfältigen Reise-und Genusserfahrungen

Wir sind plötzlich in den Pyrenäen, auch wenn es heute nicht all zu hoch hinauf ging und es morgen parallel zu den Bergen statt hindurch gehen wird.

In Limoux wurde gestartet und wenn es Freunde des edlen prickelnden Getränkes auch nicht gern hören – hier wurde quasi der Champagner „erfunden“. Die Erkenntnis der Flaschengärung wurde hier bereits Mitte des 16.Jh. angewendet um einen schäumenden Wein zu erzeugen, über 100 Jahre bevor dann Dom Perignon dieses Wissen in der Champagne erweiterte.

Heute noch finden wir die Schaumweine aus Limoux und für mich gehören sie nach wie vor zu den Interessantesten Frankreichs. Aber auch stille Weine der AOC Limoux habe ich öfter gern von dort mitgenommen. Leider bin ich den letzten Jahren hier immer zur Unzeit durchgefahren oder hatte keinen Platz mehr im Auto, um noch mehr Wein zu zu laden. Das Aude – Tal  (in diesem Jahr bis Quillan gefahren) gehört für mich wie das Ariege – Tal zu den beliebten Transitstrecken nach Spanien hinüber. Da hier jedes Jahr irgendwie mit lang gefahren wird, habe ich in früheren Jahren schon viel dazu geschrieben und möchte mich eigentlich ungern komplett wiederholen (klick).

Château de Puivert

Auch das Gebiet zwischen den beiden Tälern habe ich bereits auf meinen vielen Touren durch diese Gegend besucht – beherrscht wird die Gegend von zwei wichtigen Burgruinen aus der Katharerzeit – Puivert und Montsegur. Für die Besichtigung der Ruinen werden zwar ganz schöne Preise aufgerufen, aber wer sich für die Geschichte des Katharerglaubens und der Katharerverfolgung bzw. -ausrottung interessiert, der ist gut beraten, sich diese Zeitzeugnisse dennoch anzusehen. Bei der Geschichte geht es schließlich um einen von der katholischen Kirche inszenierten kompletten Völkermord. Auch wenn die heutige katholische Kirche das düstere Kapitel immer noch verdrängt und ihre immense Schuld nicht aufgearbeitet hat, so bekommt man heute immer detailliertere Schilderungen zu diesem Thema – auch in deutscher Sprache. Völlig aufwühlend für mich war beispielsweise das Lesen des Folterhandbuches, welches der katholische Mönch Bernard Gui verfasst hat, und welches quasi das Lehrbuch für die Inquisition schlechthin war. 
Mir fällt dabei immer auch der menschenverachtende Aufruf ein, der Auslöser des Gemetzels vom Bezièrs war. Als vom katholischen Inquisitor zur Erstürmung der Stadt aufgerufen wurde, fragte der militärische Oberbefehlshaber den kirchlichen Auftraggeber: “Wie sollen wir erkennen, wer Ketzer ist und wer nicht?“ und  er bekam zur Antwort: „Tötet sie alle – Gott wird die Seinen finden....“

So schön und so friedlich sich heute diese Gegend präsentiert, vergessen wir dennoch nicht, dass es blutgetränkte Erde ist, wo Tausende friedlicher Menschen sterben mussten, nur weil sie im Sinne der macht habenden katholischen Kirche Andersdenkende waren und als Ketzer gebrandmarkt wurden.

Ein Unding aber ist es auch, wenn es sich wirklich herausstellen sollte, dass die vielen heutigen Defekte an und hinter der letzten Bergwertung auf einen Reißzweckenanschlag zurück zu führen sein sollten. 
Die Reaktion eines Wiggins im Gelben Trikot, den mehrfach vom Defekt betroffenen Evans wieder heran kommen zu lassen und zum Warten aufzurufen, war jedenfalls für mich eine Fairness – Geste, die von menschlicher Größe zeugte und die fast schon zu Tränen rührte.



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